Das Schnitzel im Druckkochtopf

Niki Glattauer

Niki Glattauer

Im Druckkochtopf wird das bestpanierte Schnitzel nichts.

von Niki Glattauer

über die Schulreform

Nimm her das gemeine Wiener Schnitzel. Natürlich hat eine Gourmetküche den Anspruch, auch daraus einen Mercedes zu machen. Man klopft z. B. Kalb, gibt der Panier einen Schuss Milch zu und taucht es in Butterschmalz. Nur muss man das Teil danach halt schon auch in die Bratpfanne tun. Mit anderen Worten: Im Druckkochtopf wird das bestpanierte Schnitzel nichts.

Genauso ist es mit der Bildungsreform, die morgen als "Absichtserklärung" offiziell vorliegt. Wie’s aussieht, eh gut paniert: Aufwertung der Elementarpädagogik, mehr Schulautonomie, weniger -versuche, usw. Aber dann – hinein in den Druckkochtopf, sprich in die bestehenden Zustände. Ich kann mir beim Reden schon gar nicht mehr zuhören, so oft habe ich gepredigt, dass der umgehende Stopp des Trennens von Kindern mit 10 das Um und Auf jeder Bildungsreform wäre, mit der "differenzierten, gemeinsamen Schule" als Regelschule.

Und eben nicht in "Modellregionen"! Wenn stimmt, was mir aus dem Büro H.-H. auf den letzten Metern der Verhandlungen bestätigt wurde, werden morgen zwar die Weichen dafür gestellt werden, dass sich mit Wien, Vorarlberg und Kärnten immerhin drei Bundesländer komplett zur "Modellregion" erklären können, in denen das Trennen von 10-Jährigen bis 2025 abgeschafft wäre. Bravo, Frau Ministerin!, ohne jede Ironie. Nur ist ein halb volles Glas halt auch immer ein halb leeres. Was, wenn in Wien aufgrund der Wahlarithmetik in zehn Jahren ganz andere Leute als jetzt das Sagen haben? Z. B. die mit den Grenzzäunen vor den blauen Augen? Ausmodelliert hätte sich’s wieder. Wie sagte Nationalbankpräsident Claus J. Raidl: Für ihn sei "die Kernfrage, ob in Österreich mit dem 10. Lebensjahr entschieden wird, ob man die Matura machen kann oder nicht", aber er "fürchte, dass diese Frage bei der laufenden Debatte zur Schulreform nicht gelöst wird." Raidl sagte "Österreich" und "gelöst". "Modellregionen" sind keine Lösung. Und solange das so ist, wird jede Bildungsreform zum Reformerl.* Sollte sich der Wind inzwischen selbst gegen Modellregionen gedreht haben (Veto der AHS-Lehrerinnen-Gewerkschaft), ersetzen Sie das Wort "Reformerl" durch "Scheinreform".

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