Bildungsfutter

Niki Glattauer

Niki Glattauer

Heute zwei wärmste Buchempfehlungen

von Niki Glattauer

über Bildungsfutter

Natürlich hatte Konrad Paul Liessmann recht, als er vor heftig applaudierendem Publikum sinngemäß sagte: Vom groß Individualisieren werde das Schwein auch nicht fett, auf die Qualität des Futter komme es nämlich an, und a) von hoch qualitativem Bildungsfutter an unseren Schulen & Unis weit und breit keine Spur, und b) wo Futter, dort quasi genmanipuliert, nämlich kuschelpädagogenmanipuliert.

Das hat Liessmann zwar anders gesagt, aber gemeint hat er es so, also hab ich in Gedanken gleich mit applaudiert. Ort der Begegnung das Café "Sperl", wohin Standard-Ikone Gerfried Sperl ab nun wieder regelmäßig zu seinen berühmten "Gesprächen" lädt. Letzten Montag beim Debattieren neben Sperl auf dem Podium: der Philosoph (Liessmann) und der Lehrer (ich). So weit, so rund, zumal wir uns in einem einig waren, dass nämlich so mancher ernannte und selbst ernannte Experte das Bildungsklima eher ruiniert als er das System saniert.

Sitzt jedenfalls im Publikum Heidi Schrodt, die frühere AHS-Direktorin und Frontfrau der Initiative " Bildung grenzenlos". Und die schreibt in ihrem neuen Buch so ziemlich das Gegenteil von Liessmann, nämlich: Individualisieren insofern quasi Um und Auf, als nämlich sonst so manch armes Schwein überhaupt keinen Krümel vom Bildungsbrot abbekäme, von Kuchen ganz zu schweigen. Und jetzt muss ich sagen: Damit hat Schrodt ganz genauso recht wie Liessmann. Ein Widerspruch? Nein, die beiden sprechen von verschiedenen Baustellen. Der Uni-Professor hat Oberstufen und Hörsäle im Sinn, wenn er rhetorisch brillant dagegen anpolemisiert, dass fatalerweise Bildung immer öfter mit Ausbildung verwechselt werde, die Schuldirektorin hingegen all die Bildungsverliererinnen in den Rest- und Gettoklassen unserer Städte: "Ich war in Wien in Hauptschulen, da sind mir die Tränen gekommen. Da machen Mädchen ihre Hausübungen nicht, weil sie bis spätnachts der Mutter beim Büros putzen helfen."

Heute also zwei wärmste Buchempfehlungen: Konrad Paul Liessmann: "Geisterstunde: Die Praxis der Unbildung. Eine Streitschrift", Zsolnay-Verlag, sowie Heidi Schrodt: "Sehr gut oder Nicht genügend? Schule und Migration in Österreich", Molden.

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