Füttern verboten

Die wöchentliche Kolumne von Ulla Grünbacher.
Ulla Grünbacher

Ulla Grünbacher

Die Beeinträchtigungen sind dann als Immissionen zu werten, wenn es sich um „unbeherrschbare Tiere“ handelt. Dies treffe bei wilden Tauben auf jeden Fall zu.

von Mag. Ulla Grünbacher

über Tauben

Autos, Rasenmäher, Bohrmaschinen – laute Geräusche umgeben uns jeden Tag. Lärm wird als Störfaktor empfunden und der Stress, der dabei entsteht, kann krankmachen. Der Blutdruck steigt, es kommt zu Kopfschmerzen und Konzentrationsstörungen. So viel ist bekannt. Neu ist, dass Lärm auch dick machen kann. Wer in der Nähe eines Flughafens wohnt und ständig dem Fluglärm ausgesetzt ist, läuft einer neuen Studie zufolge Gefahr, Gewicht zuzulegen. Mit dem Anstieg des Lärmpegels um fünf Dezibel steigt der Taillenumfang um rund 1,5 Zentimeter, das ist das Ergebnis einer Untersuchung von Wissenschaftlern des schwedischen Karolinska-Instituts. Die Wissenschaftler führen das Ergebnis auf die verstärkte Ausschüttung von Stresshormonen zurück. Aber nicht nur Lärm von lauten Maschinen verursacht Stress. Auch die ständige Geräuschkulisse, das Klappern von Tasten, das Gespräch und die Telefonate der Kollegen im Großraumbüro wirken sich auf Dauer auf das vegetative Nervensystem aus. Je mehr Platz den Mitarbeitern im Büro eingeräumt wird, desto weniger Auswirkungen hat der Lärm. Eine Änderung des Wohnungseigentumsobjekt kann durch das wichtige Interesse eines Eigentümers legitimiert sein. Der Fall: Ein Ehepaar mit minderjährigen Kindern hat aus Platzgründen die Nachbarwohnung gekauft, damit jedes Kind ein eigenes Zimmer hat. Das Problem: Bei der einzig sinnvollen Raumaufteilung müssten die Eltern in der einen, die Kinder in der anderen Wohnung wohnen. Doch das war aufgrund der elterlichen Aufsichtspflicht nicht möglich. Die Lösung: Eine in den Gang versetzte Eingangstür für beide Wohnungen. Dafür hätte die Familie auf die Dauer von zwei Jahren, etwa bis die Kinder volljährig sind, ein exklusives Nutzungsrecht für den 1,5 großen Gangabschnitt benötigt. Über den Antrags zur Änderung der Benützungsregelung sollte das erreicht werden, die Familie hätte auch ein monatliches Entgelt bezahlt. Voraussetzung war ein einstimmiger Beschluss der Eigentümergemeinschaft, doch dieser kam nicht zustande. Der OGH gab der Familie recht. Ihr Interesse wiege schwerer als das der anderen Eigentümer. Hinzu kommt, dass sich die Eigentumsverhältnisse nicht ändern und die Regelung befristet ist.

Gegen Nachbarn, die Tauben füttern oder anlocken, kann man sich wehren. Ein Wohnungseigentümer hatte auf seiner Dachterrasse viele große Pflanzen. Diesen „Wald“ und die über die Grundstücksgrenze ragenden Pflanzen nutzten Tauben als Unterschlupf. Der angrenzende Innenhof des Nachbarn wurde durch den Taubenkot verunreinigt, der Besitzer klagte auf Unterlassung. Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab, der Beklagte sei nicht verpflichtet, Abwehrmaßnahmen gegen die Tauben zu ergreifen. Der Oberste Gerichtshof (OGH) gab dem Kläger aber Recht. Die Beeinträchtigungen sind dann als Immissionen zu werten, wenn es sich um „unbeherrschbare Tiere“ handelt. Dies treffe bei wilden Tauben auf jeden Fall zu. Es kann dann ein Abwehranspruch geltend gemacht werden, wenn menschliches Handeln wie Füttern oder Anlocken die Immission hervorruft. Dies könne auch ein ortsunüblich ungepflegtes Gestrüpp sein. In Wien ist das Füttern von Tauben mit Lebensmittelabfällen ohnehin verboten und es werden Strafen verhängt. Ausnahme: Vogelfutter.

ulla.gruenbacher@kurier.at

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