Ersitzen

Die wöchentliche Kolumne von Ulla Grünbacher.
Ulla Grünbacher

Ulla Grünbacher

Ein Wegerecht kann nur ersessen werden, wenn der Nutzer redlich ist.

von Mag. Ulla Grünbacher

über das Wegerecht

Ein Wegerecht kann nur ersessen werden, wenn der Nutzer des Weges während der gesamten Dauer redlich ist. Er muss glauben, dass ihm die Ausübung des Rechts zusteht.

Der Fall: Auf dem Grundstück des Beklagten verläuft ein 1,5 Meter breiter Weg. Die Bewohner des Nachbarhauses, das auch ein Hotel ist, gelangen über diesen Weg zu ihrem Seiteneingang. Seit 1960 wird der Weg von Hotelgästen und Angestellten benützt. 1962 stellt der Nachbar und Grundbesitzer Hinweistafeln an beiden Seiten des Weges auf "Durchgang bis auf Widerruf gestattet". Später brauchen die Besitzer Tore an, die tagsüber geöffnet und nachts geschlossen wurden.

2014 klagten die Hotelbesitzer auf Feststellung des Gehrechts. Das Erstgericht wies das Klagsbegehren ab. Das Berufungsgericht gab der Klage hingegen statt. Der Oberste Gerichtshof stellte klar, dass für die Ersitzung neben Zeitablauf auch der redliche Besitz des Rechts Voraussetzung ist. Aus der Hinweistafel ergibt sich, dass die Nutzungsbefugnis ermöglicht wurde, nicht aber die Begründung eines Servituts. Die Ersitzung wurde durch das Aufstellen der Hinweistafeln unterbrochen. Die Klage wurde daher abgewiesen.

ulla.gruenbacher@kurier.at

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