Der Brexit ist allgegenwärtig

In der Premier League lernte ich viele der erfolgreichen EM-Starter kennen. Der Brexit begleitet sie ins Achtelfinale.
Paul Scharner

Paul Scharner

Ganz ausblenden können die Spieler den EU-Austritt sicher nicht

von Paul Scharner

über den Brexit

Was für ein Gegensatz: Sportlich läuft es für die Briten wunderbar. England, Wales, Nordirland und Irland – alle aufgestiegen! In sozialen Angelegenheiten ist mir hingegen schon während meines letzten Engagements auf der Insel im Frühjahr 2013 für Wigan aufgefallen, dass einiges falsch läuft. Und jetzt passiert in der EU-Frage das unerwartet Schlimme: der Brexit!

Aus meiner Erfahrung als Profi weiß ich, dass solche einschneidenden Entscheidungen auch in Mannschaften zum Thema werden. Es ist deshalb nicht gesagt, dass die Leistungen der Engländer, Nordiren und Waliser leiden müssen. Aber ganz ausblenden können die Spieler den EU-Austritt sicher nicht.

Zum direkten Brexit-Duell kommt es heute bei WalesNordirland mit den Walisern als Favorit. Heißt der Unterschied zu früher Gareth Bale? Nein, es hat ja mit Ryan Giggs schon einen Superstar und dennoch keine erfolgreichen Qualifikationen gegeben. Jetzt sind die Mitspieler von Bale wesentlich besser! Diese Elf ist auf Premier-League-Niveau und damit im Vorteil gegenüber den Nordiren. Mein nordirischer Kumpel Gareth McAuley durfte sogar ein Tor bejubeln. Der 36-Jährige verteidigt im Klub wie schon zu meiner Zeit für West Bromwich.

Ebenfalls bei West Brom lernte ich Shane Long kennen. Der Stürmer der Iren wird gegen Frankreich nicht viele Chancen auf ein Tor bekommen.

Herz für England

Meine größten Sympathien hege ich nach dem Aus von Österreich aber für die Engländer. Beim 1:1 gegen Russland habe ich mich fürchterlich geärgert, dass mein Ex-Coach Hodgson nach der Pause wieder auf Minimalismus setzen wollte. Gegen Wales wurde er durch das 0:1 zum Risiko gezwungen. Und gegen die Slowakei war wieder der Chancentod zu Gast im Stadion.

Als Konsequenz sind die Engländer in der wesentlich stärkeren Rasterhälfte gelandet. Sollte gegen Island noch der Aufstieg gelingen, warten danach nur noch die ganz Großen.

Aber vielleicht wächst noch Wayne Rooney über sich hinaus. Gegen den Captain habe ich oft verteidigt. Selbst mein größter Erfolg gegen Rooney endete mit einer Niederlage: ich habe ihn abmontiert, ein Tor geschossen und wurde zum "Man of the Match" gewählt – aber in letzter Sekunde hat Manchester United doch noch mit 2:1 gewonnen.

paul.scharner@kurier.at

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