Behäbige und verkrustete Sportpolitik – ein Lösungsansatz

Paul Scharner

Paul Scharner

Bravo, Anna – für den Mut. Aber auch: Schade, Fenninger – wegen des Ergebnisses.

von Paul Scharner

über Anna Fenninger

Der Kampf von Anna Fenninger gegen den ÖSV beschäftigt mich. Wohl mehr als die meisten anderen mit einem Fußballer-Leben. Ich sehe das Ende der Auseinandersetzung zweigeteilt: Bravo, Anna – für den Mut. Aber auch: Schade, Fenninger – wegen des Ergebnisses. Es hat sich gezeigt, dass Sportler kaum Chancen haben, wenn sich ein Verband unbedingt behaupten will. Es entsteht der Eindruck, sie würden unterjocht wie das Vieh, so lange genug Milch gegeben wird. Und dann wirkt es sogar so, als könnte sich der ÖSV aussuchen, ob ein Sportler einen Manager wie Herrn Kärcher beschäftigt oder nicht. Klar aussprechen können das in der Skiszene nur wenige. Wie etwa Kilian Albrecht, weil er sich freigekämpft hat und keine entsprechenden Sponsorenverträge mehr am Laufen hat.

Es gibt Parallelen zum Fußball: Wirst du ins Team einberufen, musst du eine Vereinbarung unterschreiben, dass du während der Zeit beim Nationalteam nur mit den Sponsorenlogos des ÖFB auftreten darfst. Es gab zu meiner Zeit einige Verhandlungsrunden, ob es fair wäre, dass wir gratis Werbung für diese Firmen machen – ganz egal, wem wir in unserem Hauptberuf als Klubfußballer verpflichtet sind. Wir sind bei diesen Diskussionen aber nie bis zum Äußersten gegangen, weil doch die Ehre, für Österreich spielen zu können, im Vordergrund stand.

In vielen Reaktionen auf den Kampf von Fenninger war zu lesen und hören, sie wäre geldgierig. Sie müsste doch froh sein über ihren guten Verdienst und den Mund halten. Das halte ich für Unsinn. Viel mehr geht es besonders erfolgreichen Sportlern wie ihr um Freiheiten und Individualität. Außerdem rechtfertigt Geld nicht jedes Opfer. Damit haben viele in Österreichs Sport Probleme, vor allem die behäbigen, verkrusteten und parteipolitisch gebundenen Institutionen. Die Verbände wollen hörige Sportler – fragen sich aber, wo die individuell herausragenden, starken Athleten bleiben. So wie in Österreich Sportpolitik betrieben wird, darf sich niemand wundern, dass Olympische Spiele wie in London ohne eine einzige Medaille enden.

Als Totschlag-Argument bringen dann manche Experten gerne vor: "Wir können als kleines Land leider nicht so viele Talente hervorbringen." So ein Blödsinn! Österreich hat gemessen an der Einwohnerzahl nicht weniger Talente als andere Länder, es mangelt nur an der sinnvollen Förderung. Damit es nicht heißt, ich würde nur kritisieren, bringe ich einen konkreten Vorschlag: Es braucht gar nicht mehr Geld, um Österreichs Sport voranzubringen. Es würde schon reichen, Teile des Budgets für das ÖOC, den ÖSV und die Sporthilfe umzuleiten. Damit nahezu gratis die Mitgliedschaft bis 18 Jahre für alle Vereine in den Gemeinden angeboten werden kann.

Dann würden – erstens – mehr Kinder zum Sport kommen, die – zweitens – mehr Zeit bekommen, sich die perfekt passende Sportart auszusuchen. Und drittens wäre mit einem Schlag das gegenseitige Belauern und Bekämpfen von politischen Vorfeldorganisationen wie Union und ASKÖ überflüssig. Denn es müssen Synergien geschaffen werden. Nur so kann es Österreich schaffen.

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