Günther Platter kämpft um den Job als Landeshauptmann

Landtagswahlen werden immer mehr zum Lotteriespiel. Sogar in Tirol ist die heilige Dreifaltigkeit aus Gott, Land und ÖVP gefährdet.
Daniela Kittner

Daniela Kittner

Nicht Rote, Grüne oder Blaue gefährden die Vormachtstellung der ÖVP in Tirol.

von Dr. Daniela Kittner

über Tirolwahlen

Vor der Landtagswahl 2008 hatte der damalige Tiroler Landeshauptmann Herwig Van Staa den lieben Gott angerufen, er möge dafür sorgen, dass die Tiroler ihr Kreuzerl an der richtigen Stelle machen. Genutzt hat’s nichts, die ÖVP verlor die absolute Mehrheit, Van Staa musste gehen.

Günther Platter kam. Fünf Jahre später – nächsten Sonntag ist wieder Landtagswahl in Tirol – droht Platter ein Van-Staa-Schicksal. Die ÖVP-Tirol liegt in den Umfragen bei nur mehr rund 35 Prozent – eine Schwäche, die im Heiligen Land vor einigen Jahren noch undenkbar war.

Nicht Rote, Grüne oder Blaue gefährden die Vormachtstellung der ÖVP in Tirol, ihre Probleme sind hausgemacht. Das bürgerliche Lager ist zerstritten wie nie zuvor. Es bedarf schon Expertenwissens, um den Überblick über die schwarzen Abspaltungen nicht zu verlieren. Aus dem schwarzen Bereich kandidieren diesmal vier Listen mit Chancen auf Einzug in den Landtag:

die ÖVP, die mit Günther Platter den Landeshauptmann stellt;

Vorwärts Tirol, das zwar einen Ex-Roten als Spitzenkandidaten hat, aber mit Anna Hosp auch eine prominente ÖVPlerin. Hosp war 2008 sogar die Alternative zu Platter für die Van-Staa-Nachfolge an der Landesspitze;

die Liste Fritz, die ohne den Namensgeber Fritz Dinkhauser erneut kandidiert;

die Liste Gurgiser, eine Abspaltung von der Abspaltung (Gurgiser hat sich mit Dinkhauser zerkracht).

Je tiefer die eigentliche ÖVP in der Wählergunst sinkt, umso größer wird im bürgerlichen Lager die Sehnsucht nach einer Integrationsfigur, nach einer Spitzenperson, die es schafft, das bürgerliche Lager wieder zu einen. Und genau diese Integrationskraft fehlt Platter.

Er hat die Gräben sogar noch vertieft. Zwischen der „Liste Dinkhauser“ und der ÖVP herrschte schon vor Platter Funkstille, daran hat sich nichts geändert. Platter hat aber zusätzlich die Bürgermeisterin von Innsbruck, Christine Oppitz-Plörer, vergrätzt, indem er versuchte, sie mit einem ÖVP-Gegenkandidaten aus dem Bürgermeisteramt zu kippen. Oppitz-Plörer kandidierte auf der Liste „Für Innsbruck“, einer schwarzen Abspaltung, die aber mit der Stamm-ÖVP über die Jahre freundschaftlich verbunden und personell verwoben war. Platters gescheiterter Versuch, Oppitz-Plörer mit einem Stamm-schwarzen Gegenkandidaten (der die Wahl prompt verlor) aus dem Amt zu jagen, führte zum Bruch zwischen „Für Innsbruck“ und der Stamm-ÖVP und hat gravierende Folgen: Oppitz-Plörer warf ihrerseits die ÖVP aus der Innsbrucker Stadtregierung (indem sie mit Rot und Grün regiert), und sie unterstützt nun im Landtagswahlkampf „Vorwärts Tirol“ und Anna Hosp, eine Leidensgenossin, die ebenfalls von Platter aus der ÖVP gedrängt wurde.

Für eine Regierungsmehrheit sind 19 der 36 Landtagsmandate erforderlich. Die ÖVP bekommt wahrscheinlich 14 Mandate. Dann braucht sie einen Partner, der mindestens fünf Mandate hat. Dafür kommen – rein arithmetisch – nach den Umfragen die SPÖ, die Grünen oder „Vorwärts Tirol“ infrage. Die Mehrheit wäre mit jedem dieser Partner jedoch sehr knapp – von der politischen Kompatibilität einmal abgesehen. „Vorwärts Tirol“ ist mit Platter verfeindet. Die „Liste Fritz“ dürfte ebenfalls wegen Verfeindung zum Auffetten der Mehrheit ausfallen. Für die Liste Gurgiser, so sie überhaupt in den Landtag kommt, gilt das gleiche wie für die „Liste Fritz“. Schwarz-Blau dürfte sich auch nicht ausgehen, wenn die Blauen bei ihren vier Mandaten kleben bleiben. Das „Team Stronach“ dürfte wegen der internen Streitereien unter fünf Prozent bleiben und den Einzug in den Landtag verfehlen.

Unterm Strich: Platter dürfte es schwerfallen, eine taugliche Regierungsmehrheit zustande zu bringen. Daher ist nach der Wahl – sofern Platter kein überraschend gutes Ergebnis gelingt – mit einer Personaldebatte in der ÖVP-Tirol zu rechnen.

Das schlimmste Szenario für die ÖVP ist nicht wahrscheinlich, aber auch nicht ausgeschlossen: Stürzt die ÖVP auf 13 Mandate ab, und die Blauen bekommen nur vier, gäbe es erstmals in Tirol eine Mehrheit gegen die ÖVP. Rot, Grün, „Vorwärts Tirol“ und die „Liste Fritz“ könnten einen Regenbogen bilden und die Stamm-ÖVP in die Opposition schicken.

Ein Horrorszenario für die Schwarzen im Heiligen Land.

Kommentare