Über Socken und Kabeln

Über Socken und Kabeln
Die kleinen Hindernisse auf dem langen Weg zur "Roten Hochzeit".
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Michael Hufnagl

Michael Hufnagl

Nach 100 Jahren wird die "Rote Hochzeit" gefeiert – die Frage ist nur wo und in welchem Zustand.

von Gabriele Kuhn

über die Szenen einer Redaktionsehe.

Sie

Fortschritt ist fein, aber manche Entwicklungen lassen mich ein wenig ratlos zurück. Etwa die Smartphone App "Mein Schatz". Durch sie wird ersichtlich, wie lange ein Paar liiert ist. Und sie liefert eine Übersicht wichtiger Festivitäten, wie etwa den Hochzeitstag. Info am Rande: Nach 100 Jahren wird die "Rote Hochzeit" gefeiert – die Frage ist nur wo und in welchem Zustand. Interessant: "Mein Schatz" dient als Liebesarchiv – per Push-Nachrichten erinnert das Handy etwa, wann man mit dem Mann nebenan (bzw. der Frau nebenan) das erste Mal Petting hatte oder den ersten Kuss. Für mich ein Fall von "too much information". Nicht auszudenken, wie es wäre, poppte in einer Sitzung eine Gratulation – heute vor 18 Jahren habt Ihr das erste Mal das ganz Arge gemacht – auf.

Socken-Mafia

Ich habe ja andere Sorgen. Deshalb hätte ich viel lieber eine App, die mir bei der Suche nach seinem verlorenen Socken hilft. Meine Theorie: Alle Waschmaschinenhersteller sind gleichzeitig auch Herrenfußstrumpf-Hersteller und haben einen geheimen Sockenvernichtungs-Deal. Die Faktenlage im Haushalt Kuhn/Hufnagl: Auf 10 gewaschene Paar Socken kommen vier, die als Single die Waschmaschine verlassen und nie mehr wieder ihren Partner finden. Was Fragen aufwirft: Haben Waschmaschinen einen Magen oder gar eine Seele? Wie heißt der Chef-Stinker der Socken-Mafia? Und warum kann der Mann nebenan die zwei kleinen Dinger nicht so zusammenwurschteln wie ich? Apropos – wenn schon Beziehungs-App, dann eine Art "Find my Iphone" für den Haushalt. Werbetext: Einmal aktiviert, findet die Applikation "Mein Platzi" alles, was Männer suchen, aber nicht finden wollen/können – Hemden, Hosen, Butter, Mehl und Versicherungspolizzen. Für 0,89 €-Aufpreis liefert die App auch originelle Komplimente für jede Stimmung und Jahreszeit.

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Twitter: @GabrieleKuhn

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Mittlerweile schmunzle ich nur mehr gütig, wenn da drüben wieder einmal von der Tatsache, dass ich nie etwas finde, geschrieben wird. Wenngleich ich die Idee einer Mein-Platzi-App bestechend finde. Es ist nur so, dass meine Frau vermutlich sogar viel öfter als ich die ganze Familie in Alarmzustand versetzt, weil sie vorzugsweise den Schlüssel, das iPhone oder die Lesebrille sucht. In neun von zehn Fällen befinden sich diese Gegenstände dann exakt dort, wo sie sich immer befinden, und sie murmelt laut Sachen wie : "Komisch. Ich hätte schwören können, ..." Das liegt aber eben daran, dass sie eine bedingungslose Liebe zum Akt des Wegräumens pflegt. Was bei mir über die vielen Jahre hinweg längst zur Entwicklung reflexartigen Verhaltens geführt hat. Wenn beispielsweise das liebe Kind an mich herantritt mit den Worten "Weißt du zufällig, ...", antworte ich ohne Nachdenken in der Sekunde: "Frag’ deine Mutter." Dann lachen wir beide herzlich.

Verknotungskunst

Beim Sockenmysterium hingegen bin ich ganz bei ihr. Ich möchte aber bei dieser Gelegenheit auf ein mindestens so irritierendes Phänomen hinweisen. Dass nämlich garantiert jedes Kabel (das zuvor WER immer weggeräumt, pardon, weggestopft hat?) in einem geheimnisvollen Prozess in der Kreativwerkstatt "Dunkle Lade" eigenständig zu einem Meisterwerk der Verknotungskunst reift. Da mir aber mein Job als Oberkabelentwurschtelungstrottel nur eher bedingt Spaß macht, bitte ich regelmäßig darum, man möge das oder jenes Kabel einfach nicht wegräumen (guter Witz), oder aber zumindest vernünftig aufwickeln – heißa, gibt das immer ein Augenrollen! Quasi als Dressing zum Kabelsalat.

Twitter:@MHufnagl

Übrigens: Wir haben die „Szenen einer Redaktionsehe“ für die Bühne neu arrangiert. Zu sehen ist die Inszenierung am 9.10., 10.11. und 27.11. im Wiener Rabenhof, www.rabenhoftheater.com.

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