Sprit, Sprit, hurra!

Sprit, Sprit, hurra!
Fahrt ins Ungewisse: Sie tankt gerne auf, er fährt lieber mit dem letzten Tropfen Diesel los.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Michael Hufnagl

Michael Hufnagl

Ich lass’ das Auto manchmal absichtlich ruckeln. Die Schreckmomente gönn’ ich mir.

von Gabriele Kuhn

über die Szenen einer Redaktionsehe.

Sie

Im Radio spielt’s "This is the Road to Hell", der Mann nebenan und ich grölen mit. Die Sonne scheint, wir sind auf dem Weg ins Waldviertel, wo wir aus unserem Kolumnenbuch lesen. Links Windräder, rechts gelber Raps. Natur pur – kein Lärm, keine Autobahnen, keine Städte. Das Leben ist schön. Und wer weiß? Vielleicht essen wir nach dem Lesen noch das eine oder andere Erdäpfelknöderl.

Tanke schön

Plötzlich: ein komisches Geräusch . Ich: "Was ist das?" Er: Hopsi, der Tank ist leer. Ich: "Das ist aber nicht so gut, in dieser Einöde, oder?" Er: Eh nicht, aber das wird sich schon irgendwie ausgehen. Mein Herz schlägt schneller, die "Das Leben ist schön"-Stimmung ist verpufft. Zumal ich gerade ein Déjà-vu habe. Seine Wir fahren los, wissen aber nicht so genau, womit-Attitüde kenn ich seit vielen Jahren. Ich vermute allerdings, er braucht diese spezielle Spannung: Geht sich’s mit dem Tank nach XY aus – oder vielleicht doch nicht? Huhu, wird das wieder aufregend! Nur blöd, wenn die von ihm mit letztem Tropfen angepeilte Tankstelle aufgrund von Bauarbeiten nicht anfahrbar ist und er dann wie auf Eiern rollend die Autobahn verlassen muss, weil er Einheimische um eine Dieselspende bitten muss. Nicht lachen – das hatten wir alles schon. So viel zum Das wird sich schon irgendwie ausgehen. Ich immer am Rande des Nervenzusammenbruchs, er superlässiger Benzinbruder: Ruhig Blut, Baby. Ich spüre, da ist gleich eine Ölquelle. Klar, wenn irgendein angeheiterter Feuerwehrfest-Gast auf die Frage nach der nächsten Tankstelle lallt: "Sweißichjezanitsogenau. Davurnglaubi." Was hilft dann? Der Tankstellen-Instinkt der Frau nebenan. Obwohl: Es wäre höchste Zeit, ihn mit leerem Kanister durch die Gegend taumeln zu lassen. Ja, this is the Road to Hell.

Twitter: @GabrieleKuhn

facebook.com/GabrieleKuhn60

Er

Keine Ahnung, wie viele Abertausende Kilometer ich in meinem Leben mit dem Auto gefahren bin. Ich weiß aber sehr wohl, dass ich die Reserve-Kapazitäten aller meiner Fahrzeuge in über 25 Ozapft-g’hört-Jahren stets exakt einschätzen konnte. So etwas hat man im Gefühl. Daher nehme ich aufleuchtende Lämpchen stets lässig lächelnd zur Kenntnis. Speziell dann, wenn meine Frau neben mir sitzt. Denn was ich auch weiß: Dass sie auf Reisen gefühlsmäßig am liebsten jede einzelne Tankstelle anfahren würde. Um wieder und wieder Benzin nachzufüllen. Eh nur zur Sicherheit. Da sie diesen jenseitigen Gedanken nie äußern würde, entscheidet sie sich zum Ausgleich gerne für das unwiderstehliche Duo "Sorgenvolles Schweigen & banges Blicken". Auf die Tankuhr nämlich.

Vortragsritual

Bestärkt wird sie dabei durch jenes gemeinsame Erlebnis auf der A2. Da hatte sie entdeckt, dass die Nadel in den roten Bereich (Gefahr!!!) abgesackt ist, und mir sofort den üblichen Vortrag gehalten, wie lächerlich, kindisch, unnötig sie meinen Bis-zum-letzten-Sprittropfen-Stil fände. "Keine Panik", sagte ich, "alles genau avisiert, in Arnwiesen ist es so weit." War es dann nicht, weil: gesperrt. Extremes Pech halt. Also mussten wir bei der nächsten Abfahrt runter und nach rettenden Zapfsäulen Ausschau halten. Zugegeben, die Stimmung im Cockpit war während dieser Suche nicht überbordend fröhlich. Und gnä Kuhn wäre nicht gnä Kuhn, würde sie mir diese Episode nicht alle Fahrten wieder kredenzen, Besserwisser-Ton inklusive. Deshalb lass’ ich das Auto manchmal absichtlich ruckeln. Die Schreckmomente gönn’ ich mir.

Unser Buch: "Du machst mich wahnsinnig" (Amalthea). Unser letzter Rabenhof-Auftritt vor dem Sommer: Heute, 7. Juni, 20 Uhr

Twitter: @MHufnagl

www.michael-hufnagl.com

Kommentare