Nicht zu packen

Nicht zu packen
Urlaubswoche. Keine Abreise ohne Rituale. Und die Frage: Was muss denn unbedingt mit?
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Michael Hufnagl

Michael Hufnagl

Dieser Mann hat offensichtlich keine Ahnung, wie wichtig es ist, für alle Fälle gerüstet zu sein.

von Gabriele Kuhn

über die Szenen einer Redaktionsehe.

Sie

Wer eine Reise tut, der kann etwas erzählen. Das stimmt. Aber nicht für mich. Für mich gilt folgender Satz: Wer mit dem Mann nebenan eine Reise tut, der kann sich etwas anhören. Ich sage nur: Koffer. Große Koffer. Dazu Taschen. Große, dicke Taschen. Mit schönen Sachen, warmen Sachen, mittelwarmen Sachen, Schwimmsachen, Wandersachen, Skisachen, Sportsachen und Das-könnte-man-vielleicht-auch-noch-brauchen-Sachen. Eine Sachlage, die bei ihm offensichtlich akuten Bluthochdruck auslöst.

Diskussion zwecklos

Mit lilarotem Kopf zeigte er fuchtelnd auf das Gepäck und zischte: Ist das dein Ernst? Ich habe ja keine Stretchlimousine! Argumente? Genauso zwecklos wie eine Diskussion auf Kofferhöhe. Mein Hinweis darauf, dass es sich um einen Winterurlaub handle, der mit hohem "Dicke-Sachen"-Aufkommen verbunden wäre, verglühte wie die Fackel im Schneesturm. Stattdessen verwies er auf sein geniales Packkonzept – Motto "Klein & fein". Und dass es das beispielhafte Gegenteil meines Das-könnte-ich-auch-noch-brauchen-Irrsinns wäre. Dann fragte er mich allen Ernstes, ob es nötig wäre, 14 Outfit-Kombinationen für 7 Tage Urlaub mitzuschleppen. Dieser Mann hat offensichtlich keine Ahnung, wie wichtig es ist, für alle Fälle gerüstet zu sein. Die Kleider müssen zum Essen passen – nicht nur: zur Stimmung, zum Wetter, zum Vorhangstoff des Hotels. Als ich all dem noch mein Nackenkissen, mehrere Bücher und Haarpackungen zufügte, schien die Stimmung perdu. Dass zwei Laptops in seinem Gepäck mitreisten – einer zum Arbeiten, der andere, um das eine oder andere Sportereignis unter der Bettdecke zu schauen – hatte ich natürlich bemerkt. Obwohl ich mir die Frage stellte: Wie hat der Mann die noch ins Auto gebracht?

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Er

Das Gute ist: Die Liebste befindet sich hinsichtlich ihres Outfits immer in bester Urlaubsbalance. Ein im Juli auf Kreta plötzlich einsetzender Schneesturm drängt sie ebenso wenig aus ihrer Mitte wie eine Hitzewelle, die im Februar über die Alpen rollt. Sie ist die ungekrönte Eventualitätskönigin. Das Schlechte ist: Das Zeug muss irgendein Dodel schleppen. Und bei der Suche nach einem solchen ist das Angebot leider überschaubar. 1. Akt: Ich warte an jedem Abreisetag mit buddhistischer Gelassenheit auf ihr erlösendes "Sodala". Dem wenig später das verlässliche "Ich hoff’, ich hab’ nix vergessen" folgt. Welches sich auch auf Toiletteartikel, Medizin, Literatur und sonstiges Klimbim bezieht. Meinem Einwand, dass es wohl kaum möglich sei, etwas zu vergessen, wenn man alles mitnimmt, begegnet sie dann gerne mit Argumenten wie: "Aber wenn du dann ein Pflaster brauchst, bist froh." Dazu ich: "Allenfalls haben sie so etwas auch im Hotel." Schweigen. Vorhang.

Schnaufen

2. Akt: Beim Befüllen des Autos ist es stets vorbei mit meiner Erhabenheit. Denn gnä Kuhn hat als Einpackerin zwei Eigenheiten, die es einem Kofferraumbediensteten extrem schwer machen. a) Sie stopft die Taschen so voll, dass sie unmöglich zugezippt werden können. Heißt: Die Chance, dass sich einzelne Schuhe oder Taschentuchpackungen verselbstständigen ist verdammt groß. b) Was sich trotz Stopferei nicht ausgeht, wird mir als Einzelstück gereicht. Ich quetsche also schnaufend hier ein Nackenhörnchen und dort einen Thermophor in die Zwischenräume. Und freue mich über ihren Ausdruck des Bedauerns: "Jössas, was du immer fluchst."

Unsere nächsten Paaradox-Auftritte: 15. 2., 13. 3., 3. 4. und 25. 4. im Wiener Rabenhof, 17. 2. in Mödling (Stadtgalerie), 4. 3. in St. Pölten (Bühne im Hof), 15. 4. in Melk (Tischlerei).

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