Keller & Konflikte

Keller & Konflikte
Verhaltensmuster: Zu dessen Definition braucht’s nicht mehr als ein Christbaumkreuz.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Michael Hufnagl

Michael Hufnagl

Es geht darum, mich als die viel Schlimmere von uns beiden dastehen zu lassen.

von Gabriele Kuhn

über die Szenen einer Redaktionsehe.

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Selten, aber doch, kommt es vor, dass ich mit dem Mann nebenan ein wenig ruppig umgehe und ich mir spontan Luft mache. Weil mich zum Beispiel seine Ignoranz nervt oder die Tatsache, dass das Christbaumkreuz aus dem Jahr 2010 noch immer prominent im Keller herumliegt und dort mit den Kreuzen aus den Jahren 2011, 2012, 2013 und 2014 kuschelt. Ich denke, da darf man durchaus einmal ein wenig vehementer werden. Aber freilich weiß ich, was dann folgt. Nämlich eine seiner insgesamt vier typischen Konfliktbewältigungsstrategien.

Retourkutschen & Verdrehung

Da wäre erstens die "Erbosung". Diese fängt mit folgenden Worten an: Also das ist jetzt wirklich eine Frechheit von dir! Und endet mit dem Abschlusssatz Das lass ich sicher nicht auf mir sitzen. Ziel dieser Taktik ist es, mich maximal böse dastehen zu lassen. Nr. 2 ist die "Verdrehung". Sie zielt darauf ab, mich möglichst unglaubwürdig erscheinen zu lassen. Im Falle oben erwähnter Kreuze sollte idealerweise am Ende stehen, dass die Dinger nur deshalb noch da sind, weil ich doch irgendwann einmal angeblich gesagt hätte, dass ich mir daraus einen Lattenrost fürs Bett basteln möchte. Strategie Nr. 3 ist die "Retourkutsche". Im Präzedenz-Fall "Christbaumkreuz" würde er also Folgendes sagen: Entsorge endlich deine zehn angebrochenen Packungen Rasensamen, dann reden wir weiter. Es geht darum, mich als die viel Schlimmere von uns beiden dastehen zu lassen. Schließlich Nr. 4 "Die Michel von Flenneberga-Mitleidstour" mit Sagern wie diesen: Dass ich es bin, der Jahr für Jahr die 2,25er-Tanne heimschleppt und sich das Kreuz verreißt, vergisst du völlig. Damit stellt er mich als eiskalt und undankbar dar. Nur so: Alle vier Taktiken funktionieren schon längst nicht mehr. Man ist ja nicht mehr 16.

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Er

Originell ist auf jeden Fall, dass sich meine Frau ernsthaft Gedanken darüber macht, ob das von mir exzellent regierte Kellerreich aufgrund der vielen Christbaumkreuze überlastet sein könnte. Sie spricht dabei nämlich von einem Ort, den sie vermutlich gar nicht mehr finden würde, weil sie ihn vor rund zehn Jahren das erste und letzte Mal betreten hat. Was daran liegt, dass wir leider genau in jenem gefürchteten Winkel dieser Stadt leben, der für seine faustgroßen Spinnen berühmt ist. Also für jene gnadenlosen Wesen, die jede Sekunde ihres Lebens nur darauf warten, sich endlich aus gnä Kuhns Skischuhen, ihrer alten Plattensammlung oder ihrem Stepper, den wir einst dringend anschaffen mussten, herauskatapultieren zu dürfen, um sich einer Frauenseele zu bemächtigen.

Sperrzone

Daher ist im konkreten Anlassfall mein Erbosen, Verdrehen, Revanchieren und Mitleid schinden absolut gerechtfertigt. Wie im übrigen fast immer. Denn erstens hat der Umstand, dass die Liebste die Kellerhölle zur persönlichen Sperrzone erklärt hat, seit Jahren zur Folge, dass ich als Herbeischaffer, Hinfortschlepper, Verräumer, Sortierer, Schlichter, Stapler einen Dauerauftrag besitze. Zweitens wird es absurd, wenn sie jetzt auch noch beginnt, jene Ordnung zu kritisieren, die sie noch nie gesehen hat. Und drittens will ich bei Bedarf bis zur Ekstase Christbaumkreuze sammeln, solange ich nicht eine Fantastilliarde Blumentöpfe entsorgen darf, weil wir die seit unserem Einzug "sicher irgendwann brauchen werden können". In diesem Sinn: Fröhliche Weihnachten!

Unsere nächsten Paaradox-Auftritte: 23. 9. im Wiener Rabenhof, 28., 29. 9. in Schwechat/Schloss Freyenthurn, 2. 10. in LaxenburgTermine und Kartenbestellungen auf www.rabenhoftheater.com

Twitter: @MHufnagl

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