Ein Reiseziel und viele Fragen

Ein Reiseziel und viele Fragen
Packerei - zum gemeinsamen Urlaub gehört auch: Was muss in den Koffer und warum?
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Michael Hufnagl

Michael Hufnagl

Was braucht ein Hufnagl jetzt genau im Urlaub?

von Gabriele Kuhn

über die Szenen einer Redaktionsehe.

Sie

Ich finde es äußerst bedauerlich, dass es in zeitgemäßen Reiseführern noch keine Pack-Listen-Empfehlungen für Männer wie den Mann nebenan gibt. Der – Sie wissen – belächelt die Vielfalt und den Umfang meines Kofferinhalts stets und empört sich über die Das brauche ich auch noch-Wut. Vergisst allerdings zu erwähnen, dass er mich in der Pack-Phase permanent mit Fragen zum Thema „Was braucht ein Hufnagl jetzt genau im Urlaub?“ quält.

Glaubst...?

Im Unterschied zu mir hat er null Mitnahme-Gefühl, er setzt auf spontane Eingebung. Das wäre bei einer Reise in den sonnenstabilen Süden kein Problem, ist es aber bei einer Reise in den sonneninstabilen Norden eher schon. Also bombardiert er mich mit Fragen: Glaubst, soll ich mir eine Regenjacke mitnehmen? Glaubst, brauche ich feste Schuhe? Glaubst, friere ich dort im T-Shirt? Glaubst, fällt’s auf, dass die Badehose aus dem Jahr 1982 stammt? Glaubst, brauch’ ich mehrere warme Pullover oder nur einen? Glaubst, ist mir mit einer Leinenhose dort zu kalt? Das nervt genauso so wie – zum Beispiel – ein organisierter Tagesausflug auf Eseln, um in der griechischen Pampa miesen Retsina und total autochthonen Schafkäse zu verkosten. Es wäre folglich wunderbar, gäbe es „Das brauchen große Buben“-Packlisten zum Abhaken, etwa so: „Sie reisen im Sommer eine Woche in den Norden Europas?Dann nehmen Sie das mit: 4 Paar warme Socken, 1 Haube, 4 dicke Pullis, eine Jacke und eine Reservewärmeflasche, um sich bei Ihrer weiblichen Begleitung einzuschleimen“. Doch weil es so etwas noch nicht gibt, packe ich am Ende auch seinen Koffer. Mit folgendem Effekt: Er flucht, weil sein Gepäck so schwer ist. Ehrlich? Wer da nicht spontane Lust auf eine Single-Reisen-Sause verspürt, kann nicht ganz normal sein.

Twitter: @GabrieleKuhn

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Er

Talent hat die gute Frau, gar kein Zweifel. Wer die Kunst der Tatsachenverdrehung so subtil perfektioniert hat, dem gebührt an dieser Stelle auch einmal Lob. Um mich daher vorsichtig an die Wahrheit dieser Koffer-Geschichte heranzupirschen, benötigt es vor allem eine wichtige Info: Gnä Kuhn ist wettersüchtig. Heißt: Sie gehört zu jenen Menschen, die zu jeder Tageszeit wissen müssen, welche klimatischen Bedingungen überall auf dem Planeten herrschen. Der Sohn ist in Schottland? Mal sehen, ob er’s kalt hat. Die Mutter verabschiedet sich nach Apulien? Her mit der Wochenvorschau! Folglich besitzt die Liebste auch schätzungsweise 17 verschieden Wetter-Apps, die ihr permanent Einblicke schenken. Interessanterweise lässt sie sich aber nie davon irritieren, dass die vielen Prognosen nur selten harmonieren. Egal, Ende des Monats sind wir zum Grillfest eingeladen? Gleich einmal schauen, ob Regen droht! Und wenn ja, andere App suchen.

Temperaturauskunft

Daher weiß ich, dass sich meine Frau über keine Frage so sehr freut wie: „Schatz, wie wird denn das Wetter?“ Ich schenke ihr also gelegentlich bewusst meine Naivität. Und nur deshalb bat ich sie, mir die Temperaturaussicht des Nordens zu übermitteln. Um daran Fragen nach der Bekleidung zu knüpfen und zu spüren, wie sehr sie ihre Rolle als Dame von der Auskunft genießt. Dass ich meine Koffer nämlich sehr gezielt packe, muss nicht extra erwähnt werden. Und dass ihr diese Weitsicht samt Restrisiko suspekt ist, ebenso nicht. Für sie ist es einerlei, ob wir in die Wüste oder zum Südpol reisen. Sie nimmt immer alles mit. „Zur Sicherheit“ ist ihr Lebensmotto.Und als Kavalier-Koffer trage ich diese Last gerne.

michael.hufnagl@kurier.at

Twitter: @MHufnagl

www.michael-hufnagl.com

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