Die (Kipferl)dose macht das Gift

Die (Kipferl)dose macht das Gift
Alle Jahre wieder. Das große Theater um die vielen kleinen Vanillekipferln.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Michael Hufnagl

Michael Hufnagl

Der Mann nebenan ist beim Thema Kekse ein gnadenloser Einmischer

von Gabriele Kuhn

über die Szenen einer Redaktionsehe.

Sie

Was das weihnachtliche Keksi-Basteln betrifft: Danke, es reicht. Der Mann nebenan ist diesbezüglich nämlich gnadenloser Einmischer. Aber nicht so, wie Sie denken. Er käme natürlich kaum auf die Idee, sich konstruktiv einzumischen. Also etwa Mehl, Mandeln, Marzipan einzukaufen. Oder seine Künstlerpratzerln in Mürbteig zu tauchen. Stattdessen: bestellt er. Ich sage – bestellt!!! Nicht nur – er bestellt perfide. Doppelt, dreifach. Und zwar so, dass die eine Bäckerin nicht von der anderen weiß – er aber am Ende viele prall gefüllte Dosen Kekse sein Eigen nennen kann.

Schleimen

Das geht so: 1. Er ruft bereits Ende August seine Mutti an, um sich auf penetrante Weise in ihr Vanillekipferl-Bewusstsein zu schleimen. Mit dem Satz Du weißt, deine Vanillekipferln sind die besten macht er die Mami mürb wie Teig. Und dann steht sie in der Küche und wuzelt für das Burli Kipferln bis die Handflächen rauchen. 2. Das ist freilich noch nicht alles – da wäre noch diese begnadete Köchin in unserem Freundeskreis, deren Kipferln sogar Veganer in Versuchung führen. Pünktlich zur Backsaison, oft noch früher, wird er dort vorstellig. Um beiläufig den Sager Du weißt, deine Vanillekipferln sind die besten, loszuwerden. Die Köchin, ganz enchanté, wird pünktlich ihr prall gefülltes „For Hufnagl only“-Döschen abliefern. 3. Last, but not least: ich. Nahezu täglich kuschelt sich der Hufnagl mit Kulleraugenblick an mich und flüstert: Wann ist es denn wieder so weit? Ich: Hä? Er: Naja, du weißt, deine Vanillekipferln sind die besten. Aber Pech: Sein Plan ist durchschaut. Längst bin ich in Besitz des Kochbuchs „Anders backen zu Weihnachten“. Angepeilte Adventüberraschung für meinen Vanillekipferl-Trickbetrüger: Nervenkekse. Mit ayurvedischem Zucker. Dinkel. Und einer Prise Bosheit.

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Twitter: @GabrieleKuhn

Er

Klar, das musste ja kommen. Alle Jahre wieder das übliche Vanillekipferl-Lamento. Das in Wahrheit nichts anderes ist als die rührende Offenbarung des traditionellen Advent-Charakters. Das heißt: Meine Frau will nur in ritueller Feierlichkeit gebeten werden, sie möge doch auch heuer bitte unbedingt wieder ihre ach so typischen, besonderen, famosen und für alle heiligen Zeiten unvergleichlichen Vanillekipferln machen. Dann erwidert sie in ritueller Feierlichkeit „Heuer sicher nicht“, mit der verlässlich vorhersehbaren Argumentationskette von „Die ganze Wuzelei ist immer so mühsam“ bis „Das Klumpert macht eh nur blad.“ Daraufhin falle ich – das sind nun einmal die Spielregeln – in ritueller Feierlichkeit auf die Knie und flehe sie an, sie müsse einfach ihre magischen Hände in den Dienst der guten Sache (= mein Heißhunger) stellen. Das gefällt ihr natürlich außerordentlich, aber ein „Nein, nein, nein“ bzw. „Hör auf mit dem Theater“ muss sie als letzte rituelle Feierlichkeit trotzdem noch loswerden – quasi als Staubzuckertüpfelchen auf meinem Erniedrigungs-i. Und erst mein grandioser finaler Verbalschlag auf der familiären Backblechtrommel („Dafür hole ich jetzt schon alle Lichterketten aus dem Keller und entwirre sie auch sofort“) lässt sie endlich zur Tat schreiten. Und selig ist sie dabei auch noch.

Echt schwer

Liebe Mami: Nachdem Du diese Zeilen gelesen hast, sei mir bitte nicht böse. Du weißt, dass es für Deinen geliebten Burli gerade in der Weihnachtszeit manchmal echt schwer ist. In Wahrheit bin ich ja gar nicht so unterwürfig und Deine Vanillekipferln sind und bleiben selbstverständlich auf ihre Weise unerreicht. Du sollst Dich deshalb aber auf keinen Fall genötigt sehen, wieder welche zu backen. Bitte, ich weiß doch, dass die ganze Wuzelei immer so mühsam ist. Bussi.

Twitter:@MHufnagl

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