Allerlei Sportsgeister

Allerlei Sportsgeister
Bewegungsmelder. Sie hat den Fitness-Fokus, und er sehnt sich immerzu nach Bällen.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Michael Hufnagl

Michael Hufnagl

Andere Frauen kriegen Herzerln per SMS, ich kriege Spielstände zugeschickt.

von Gabriele Kuhn

über die Szenen einer Redaktionsehe.

Sie

Pornos? Die braucht der Mann nebenan nicht, er hat ja ein Verhältnis. Und zwar mit seinem Tennisschläger. Dabei erklärte mir der Liebste noch vor einem Jahr, dass er sicher, ganz, ganz sicher nie mehr auf eine Kugel dreschen würde. Aber was ist schon sicher? Ganz sicher nicht das „nie mehr“ eines Mannes. Zuvor gab es diesbezüglich allerlei verbale Ausflüge in die Vergangenheit – aus der Rubrik „legendär“. Denn einst war Hufnagl – was sonst? – auf dem roten Sand eine große Nummer, man nannte ihn auch „El Volley“, von seiner Top-Spin- Rückhand hat angeblich ganz Neubau geschwärmt. Aber dann: Aus. Finito. Letzter Satz. Jahre vergingen, ohne Tennis. Bis, ja bis die Sache mit dem leichten Bauchansatz kam. Wir erörterten Fitness-Optionen, ich sprach: „Geh laufen.“

Wettbewerbs-Gene

Das mit dem Laufen würde allerdings nur funktionieren, hätte Nurmi Hufnagl einen zweiten Nurmi, der gegen ihn läuft. Das ideale Setting sähe so aus: Original-Hufnagl läuft gegen Hufnagl II, noch idealer wäre es, käme Hufnagl III ins Spiel. Alles Klone, allesamt mit einer Klinikpackung Wer-ist-besser-Genen in der Nurmi-DNA. Aber ohne all das: fad. Weil: Beim Laufen läuft der Läufer gegen nix. Und wer gegen nix was tut, kann nachher nicht sagen: Pfau, den habe ich vielleicht gewetzt. Daher drischt er jetzt auf eine gelbe Filzkugel, um den Gegner fertig zu machen. Damit verbunden sind langatmige Schilderungen von legendären Stoppbällen, grenzgenialer Platz-Gegner-Ball-Antizipation und einer krachenden Rückhand. Dass er nicht ruckartig nach Tag 1 seines Comebacks alle seine Gegner in Grund und Sandboden erniedrigen konnte, war für ihn ein wenig irritierend. Hat er aber mit gefühlten 10 Trainerstunden pro Tag und mindestens fünf Zornesausbrüchen pro Stunde wettgemacht. Andere Frauen kriegen Herzerln per SMS, ich kriege Spielstände zugeschickt.

Twitter: @GabrieleKuhn

Er

Meine Frau neigt ja zum Interpretationshumor. Warum sollte das bei Gedanken zum Sportalltag anders sein? Aber nur damit das klar ist: Man muss da gar nix herumdeuteln, ich finde laufen ganz einfach nur fad. Sehr fad. Na und? Ich finde auch Radfahren fad. Oder überhaupt fast jede sportliche Betätigung, in der kein Ball zum Einsatz kommt. Aber ich würde klarerweise nie die vielen Jogger und Biker, die allerorts so fokussiert und vermutlich deshalb ohne jeden Anflug von Lächeln an mir vorbei schnaufen, für ent- oder gar verrückt erklären. Im Gegenteil – Hauptsache Bewegung. Nur hin und wieder, wenn ich mit dem Auto an hochrotköpfigen Läufern vorbeifahre, erlaube ich mir, das Fenster runterzulassen und zu fragen: „Soll ich Sie ein Stück mitnehmen?“ Das finde zwar immer nur ich lustig, aber egal, das gönne ich mir. Als jemand, der sich ein Sportleben lang als Fußballer (= Kickerdodel), Badmintonspieler (= Federballschupfer) oder auch Golfer (= Pensionist ohne Sex) verhöhnen lassen musste.

Fitnesscenter

Was ich hingegen nicht tue, ist die athletischen Ambitionen meiner Frau mit spitzbübischem Lächeln zu betrachten. Kein Pilates-Grinser, kein Yoga-Schmunzeln soll je meine Gedanken verraten. Und ich würde sie auch nie fragen, ob sie nicht neidisch ist, weil ich als Derwisch der Tenniscourts vom Aufschlag-Ass bis zum Volleystop, vom Rückhand-Slice bis zum Vorhand-Winner, vom 0:5 bis zum Satzgewinn im Tiebreak gar so viel Action habe. Während sie in den Fitnesscentern die von Leistungskurvenanalysten bis zum Jahr 2017 exakt definierten Programme abspult. Und auf Ergometern und Steppern eine Monotonniederlage nach der anderen toll finden muss. Daher reduzieren sich ihre Erlebnisberichte auch auf „Bist du deppert, ich hab’ g’schwitzt“. Und meine Antworten auf: „Na bravo, und wer hat g’wonnen?“

Twitter:@MHufnagl

Kommentare