Der Wäscheständer

Der Wäscheständer
Du? Ich? Wer? Was wäre eine Ehe ohne die Diskussion über alltägliche Arbeitsteilung?
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Michael Hufnagl

Michael Hufnagl

Subjektiv betrachtet empfindet jeder von uns eine ungeheure Schieflage – und zwar zu eigenen Ungunsten.

von Gabriele Kuhn

über die Szenen einer Redaktionsehe.

Sie

Arbeitsteilung ist ein schönes Wort – ich habe es mir unlängst aufgemalt. Da stand es, in geschwungener Schrift auf einem A-4-Blatt (ich habe eine schöne Schrift) und dennoch war es einfach nur ein Fetzen Papier. Dass ich es dann trotzdem in einen Farbkopierer steckte, um es 50-mal zu vervielfältigen, hat eine Vorgeschichte. Und die beginnt mit einem heißen Sommerabend. An dem schleppte ich einen Korb frisch gewaschener Wäsche in den Garten, um sie aufzuhängen. Ich mache das gerne, weil ich weiß, dass ich dann garantiert mit mir alleine sein kann und niemand stört. Wo doch der Mann nebenan sich auf wundersame Weise verdrückt, wenn er so einen Korb wittert. Wo es doch 36 Grad im Schatten hat. Es hat etwas Meditatives, Herrenslips mit Kluppen zu befestigen oder einzelne Socken aus Polsterüberzügen zu kletzeln. Die Vogerln zwitschern – weit und breit keiner, der fragt, wann es etwas zu essen gibt. Schnitt.

Wirklich blöd, oder?

Nachts wechselt das Wetter, morgens, als wir aufwachen stürmt es. Ich sage: „Pfuh, so ein Sturm. Da ist sicher schon der Wäscheständer umgefallen.“ Er sagt: „Ja, wahrscheinlich.“ Und bleibt liegen. Die ersten Regentropfen klatschen auf die Terrasse. Ich sage: „Pfuh, jetzt fängt es zu regnen an. Blöd, die Wäsche hängt draußen.“ Er sagt: „Hm, wirklich blöd. Aber vielleicht hört es ja gleich wieder auf.“ Und bleibt liegen. Es schüttet. Ich sage: „Es schüttet.“ Er sagt: „Ja sapperlot, es schüttet.“ Und bleibt liegen. Dann sage ich nichts mehr. Stattdessen stehe ich auf, mache mir einen kleinen Kaffee und male besagtes Arbeitsteilungs-Papierl. Nachdem er das Haus verlassen hat, um wasweißich zu tun, tapeziere ich damit ein bisserl die Wohnung. Vielleicht fällt ihm ja ein bisserl was dazu ein.

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Er

Ich glaube ja, dass das Thema Arbeitsteilung einer der loderndsten Dauerbrenner aller langjährigen Partnerschaften ist. Und dass Lamento-Stehsätze Marke „Warum muss immer alles ich machen?“ oder „Ich habe es satt, dass ständig alles an mir hängen bleibt!“ unverzichtbare Ventile im alltäglichen Erledigungsirrsinn sind. Denn subjektiv betrachtet empfindet jeder von uns eine ungeheure Schieflage – und zwar ausschließlich zu eigenen Ungunsten. Mein diesbezüglich größter Fehler ist, dass ich das ehestrategische Prinzip des berühmten Credos „Tue Gutes und rede ununterbrochen darüber“ nicht konsequent verinnerlicht habe. Was mich von gnä Kuhn, der selbst ernannten Königin der Arbeitsbienen, massiv unterscheidet.

Provokation

Nur gelegentlich, und dann eher aus Trotz, verlautbare ich daher gut hörbar: „Sodala! Jetzt schnappe ich mir wie immer die vielen, vielen, vielen Glas-, Plastik- und Blechsachen. Weil irgendwer muss die ja schwitzend durch den Bezirk schleppen und Stück für Stück entsorgen, von selbst verschwinden die nämlich nicht – uiuiui, pffff, bist du deppert, da kommt was z’samm, aber was soll’s, jammern nutzt ja nix.“ Die Idee dabei ist, bei ihr einen Selbstreflexionsprozess in Gang zu setzen, aber statt dessen sagt sie nur emotionslos: „Scherzkeks!“ Um dann sofort mit provokantem Unterton zu kontern: „Willst mit mir tauschen?“ Was nichts anderes bedeutet als: Sämtliche deiner Tätigkeiten fallen doch im endlosen Haushaltskosmos in die Kategorie Pipifax. Das ist natürlich ungerecht. Aber es reicht für das Gefühl: Wäscheständer bleibt im Regen! Zu komplex! Schaff’ ich nicht!

Paaradox im Rabenhof – wieder ab 23. September! Termine und Kartenbestellungen auf www.rabenhoftheater.com

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