Tolerantitis

Birgit Braunrath

Birgit Braunrath

Und was ist überhaupt normal? Normal ist die Verschiedenheit.

von Birgit Braunrath

über Toleranz

Die Toleranz muss dieser Tage sehr tolerant sein. Wie dieses Wort strapaziert, zweckentfremdet und spazieren geführt wird, ist schwer zu tolerieren. Besonders perfid sind die Toleranzaufrufe jener, die sich jetzt beklagen, sie fühlten sich in ihrer sexuellen "Normalität" (gemeint ist hetero) ausgegrenzt, weil schwul, lesbisch und transsexuell das neue "Normal" seien. Eine gezielte Provokation, die eine Opferrolle konstruiert, um das Fremde, das einem Unbehagen bereitet, nicht direkt angreifen zu müssen.

Als "straight & proud" ("hetero & stolz darauf") outen sich Menschen in sozialen Netzwerken zum Schein und fordern dafür "Toleranz". Spüren die nicht, dass allein die Paarung "straight & proud" Intoleranz verrät? Die Tatsache, dass man auf die eigene sexuelle Ausrichtung "stolz" ist, entlarvt den dahinterstehenden Geist: Dass nämlich Menschen anderer Ausrichtung als weniger wert erachtet werden. Aber wieso?

Und was ist überhaupt normal? Normal ist die Verschiedenheit. Wer das verstanden hat, muss nicht ununterbrochen die Toleranzkarte ziehen.

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