Soziale Plattentektonik

Birgit Braunrath

Birgit Braunrath

Jetzt brechen Gräben auf, für deren Überwindung man Brücken bräuchte, die kein Statiker je freigibt.

von Birgit Braunrath

über soziale Spannungen vor der Stichwahl

Die Erde bebte, deutlich spürbar. Unmittelbar darauf das Nachbeben in der Facebook-Community mit Metaphern, wie: „Reaktion der Erde auf das Wahlergebnis.“

Ehrlich gesagt: Der Erde ist unser Wahlergebnis wurscht. Sie ist mit rund 4,6 Milliarden Jahren noch älter als das Gedankengut der FPÖ. Und dennoch rechtfertigt die derzeit herrschende gesellschaftliche Plattentektonik jede Vorwarnstufe durch Sozial-Seismologen.

Wir erinnern uns an 1974, Kirchschläger gegen Lugger, Rot gegen Schwarz, das war Brutalität, sogar im Kindergarten wurde wahlgekämpft. Kirchschläger gewann, und sechs Jahre später war er der gemeinsame Kandidat von Rot und Schwarz. Eine derart konstruktive Beilegung von Wahlkampfspannungen ist bei Van der Bellen gegen Hofer undenkbar. Hier brechen Gräben auf, für deren Überwindung man Brücken bräuchte, die kein Statiker je freigibt. Und am Spielfeldrand steht die Rumpf-Wählerschaft der Rot-Schwarz-Ära und ruft: „Pest oder Cholera! Keiner ist wählbar.“

Vielleicht war das gestrige Erdbeben tatsächlich nur ein Probealarm für ein wesentlich heftigeres Beben.

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