Plädoyer für die Lücke

Birgit Braunrath

Birgit Braunrath

Möglich, dass das Nicht-Stattfinden des Balls mehr Staub aufwirbelt als ein routinemäßig polarisierendes Plakat

von Birgit Braunrath

über den Life Ball 2016

Sein oder Nichtsein? Manchmal setzt Nichtsein ein stärkeres Zeichen als das erwartbare, turnusmäßige Sein. Leicht möglich also, dass der Life Ball 2016 durch sein Nicht-Stattfinden derzeit mehr Staub aufwirbelt als durch ein routinemäßig polarisierendes Plakat.

Das Motto des Life Balls 2016 ist spannender als alle vorangegangenen. Es ist die Lücke. Das Nichts. Es hat die Sprengkraft eines leeren Mai-Samstags mitten im Kalender. Und die Kraft, selber etwas daraus zu basteln.

Die Lücke ist eine gefinkelte Regie-Einlage des Lebens, ein dramaturgisches Mittel, um mit dem Finger auf etwas zu zeigen, das als selbstverständlich gilt. Sie nimmt etwas weg und gibt ihm so einen neuen Stellenwert. Tausende Male schmerzlich erprobt in Liebesbeziehungen, Freundschaften und im scheinbar ewig gleichen Ringelspiel des Lebens.

Die Lücke ist die Luft zwischen dem Alten und dem Neuen. Sie ist der Raum zum Durchatmen – auch wenn einem im ersten Moment die Luft wegbleibt. Die Lücke ist das unerwartete Nichts, das das Leben lebendig hält.

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