Gegen den Strich denken

Eine Jugendforscherin sagt mutig im heutigen KURIER: „Unsere Gesellschaft könnte von mühsamen, aber spannenden jungen Menschen profitieren, die gegen den Strich denken und damit Neues in die Welt setzen.“

Stimmt. Aber wer hat heute die Geduld, sich mit „Gegen-den-Strich-Denkern“ auseinanderzusetzen?

Eine Generation ausgelaugter Erwachsener lebt den Jungen heute vor, wie man zufrieden und erfolgreich ist – falls der Stress es zulässt. Meist sind aber keine Ressourcen für die Auseinandersetzung mit jungen Querdenkern vorhanden. Wenn Schulanfänger nicht still sitzen können, bekommen sie Medikamente. Die Frage lautet nicht: „Wofür interessierst du dich?“ Sondern: „Wie schaffen wir, dass sich alle für dasselbe interessieren (oder so tun, als ob)?“ Ein engagierter Direktor sagt arglos: „Im Schulsystem ist kein Platz für individuelle Lösungen.“ Eine motivierte Lehrerin, die die Schüler zu Widerspruch animiert, kapituliert nach der dritten Widerrede: „Ruhe jetzt!“ Das ist die Realität – „spannende junge Menschen“ muss man erst einmal aushalten.