Komaglotzen

Birgit Braunrath

Birgit Braunrath

Komasaufen hat jetzt einen gefährlichen Bruder

von Birgit Braunrath

über "Binge Watching"

Erinnern Sie sich an den Begriff "Binge Drinking" – Komasaufen? Das hat jetzt einen gefährlichen Bruder: "Binge Watching" – Komaglotzen. Das ist Fernsehen, bis die Realität verschwimmt, bis einen das Parallel-Universum einer Serie verschluckt.

Durch die Verbreitung von Serien "on demand" verlernt der fernsehende Mensch, das unangenehme Kribbeln auszuhalten, das etwa am Montagabend entsteht, wenn seine Lieblingsserie vieles offen lässt, was sich erst am kommenden Montag auflösen wird. Mit seinem Video-on-demand-Konto ist jeder sein eigener Programmdirektor und klickt einfach weiter: nächste Episode.

Man schaut bis zur Erschöpfung, ganze Staffeln, ganze Serien. Endlose Emotionsmarathons, oft mit Figuren, die man gar nicht sehen will. Aber was der fernsehende Mensch begonnen hat, das bringt er zu Ende. Er hängt am Haken.

Das ist das Paradoxe an der revolutionären neuen Fernsehfreiheit. Sie kann auch Unfreie erschaffen, die ewig weiterschauen müssen.

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