Es lebe die Lüge?

Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Man darf nie lügen, nie! Es sei denn, man muss.

von Guido Tartarotti

über den Umgang mit der Lüge

Der gläubige Großvater des der Redaktion bekannten Herrn T. – und er war wirklich sehr gläubig, er fand Kurt Krenn empörend, weil zu liberal – pflegte zu sagen: Man darf nie lügen, nie! Es sei denn, man muss.

Ungefähr so ist unser aller Umgang mit der Lüge. Die Lüge gilt als unmoralisch, wir behaupten gerne, wir lügen nie und beweisen genau mit diesem Satz das Gegenteil. Denn im Schnitt, sagen die Lügenforscher (ja, das gibt es), lügen wir 50- bis 200-mal pro Tag. Lügen können übriges nur gute, also soziale Menschen: Die Lüge setzt die Fähigkeit voraus, die Gefühle anderer Menschen zu erahnen und diese nicht verletzen zu wollen – und sei es zum eigenen Vorteil. Die Lüge dient durchaus auch als sozialer Kitt: Eine Welt, in der alle ständig die Wahrheit sagten („ja, ich finde, du hast zugenommen“), wäre bald ein rauchender Trümmerhaufen.

Interessant ist in diesem Zusammenhang die vielleicht am häufigsten von Politikern verwendete Phrase „in keinster Weise“. Kein, keiner, am keinsten, also noch nichter als nicht – wer so was sagt, lügt zwangsläufig.

Das Ohrwaschl - die Glosse von Seite 1: Alternierend verfasst von Guido Tartarotti, Andreas Schwarz und Birgit Braunrath.

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