Die Zuhörer hören nicht zu

Birgit Braunrath

Birgit Braunrath

Einer redet, und keiner hört zu.

von Birgit Braunrath

über Vorbildwirkung

Ein Österreicher benimmt sich auffällig im EU-Parlament: Eugen Freund, der Neuzugang, hört (noch?) zu, wenn Vertreter anderer Fraktionen im Plenum am Wort sind. Wer hingegen schon länger dabei ist, schaltet auf Durchzug, greift zum Handy oder zum Laptop.

Ein anderer Österreicher benimmt sich auffällig im Petitionsausschuss des heimischen Parlaments: Roland Düringer darf eine Rede vor den Abgeordneten halten und unterbricht diese aus folgendem banalen Grund: Die Zuhörer hören ihm nicht zu. Sie hängen am Handy, am Laptop oder tratschen.

So arbeiten Volksvertreter. Vielleicht auch andere Arbeitnehmer, und es bemerkt nur keiner, weil deren Arbeitsplätze nicht mit Zuschauersitzen und TV-Kameras ausgestattet sind.

Apropos Petitionsausschuss: Im Mai forderte eine Kärntner Lehrerin ein Handyverbot für Schüler und wandte sich damit an den Nationalrat. Also an jene Institution, die öffentlich das Prinzip vorlebt: Einer redet, und keiner hört zu.

Man soll ja die gesetzgebende Kraft nicht unterschätzen. Aber die Vorbildwirkung ebenso wenig.

Kommentare