Der Burgtheater-Tragödie zweiter Teil

Der Rechnungshof hat die Finanzaffäre im Burgtheater durchleuchtet. Einiges aber lässt sich nicht bereinigen.
Georg Leyrer

Georg Leyrer

Zuerst nützte man einander, dann ging man zusammen unter.

von Georg Leyrer

über die Finanzaffäre im Burgtheater.

Es spitze sich, so stand am 12. Februar 2014 im KURIER über die gerade ausgebrochene Burgtheater-Affäre, „die Frage nach der Mitverantwortung der Prüf– und Aufsichtsinstanzen zu. An diesen – Wirtschaftsprüfern, Holding, zweitem Geschäftsführer – ist ein finanzielles Desaster vorübergegangen.“ Der Rechnungshof-Bericht zur Finanzaffäre, aus dem der KURIER nun seit vergangenem Sonntag zitiert hatte und den der Rechnungshof am Mittwoch veröffentlichte, beantwortete viele Fragen zur Affäre.

Aber diese eine Frage bleibt: Wie konnte all dies – Millionenschulden, ungerechtfertigte Bar-Auszahlungen, Zettelchaos in der Verwaltung einer der größten Bühnen Europas – so lange unentdeckt oder konsequenzenlos bleiben? Warum nickten Geschäftsführer, die mit der Kontrolle beauftragte Holding, Wirtschaftsprüfer und auch das Kulturministerium Jahr für Jahr ab, was dann explodierte? Warum ließ man das Burgtheater – metaphorisch – „lichterloh brennen“ (wie der damalige Aufsichtsratsvorsitzende sagte), obwohl der Brandgeruch längst über dem Rathausplatz lag, obwohl selbst den Beteiligten zunehmend unwohl war?

Die Antwort dürfte aus dem Geist jenes österreichischen Systems ableitbar sein, das gerade im Untergehen begriffen ist. Das System des aktivst-möglichen Wegschauens, des „Das werma schon richten“. Da ist dann die Drittgereihte plötzlich Erste, ein Vertrag besser als zuvor, die ausgeglichene Bilanz doch noch ein Mal möglich.

Bis es halt nicht mehr geht.

Nicht zu klären

Der Rechnungshof machte klar, was klar war: Alle haben Mitschuld. Zuerst nützte man einander, dann brauchte man einander, dann ging man zusammen unter. Die Gerichte werden klären, wie diese Schuld genau verteilt war, wie weit Verantwortlichkeiten wirklich gingen. Genügend Prozesse laufen ja. Aber die Affäre lässt sich vor Gericht nicht bereinigen.

Sie hat nämlich neuen Stoff denjenigen gegeben, die ohne Scheu und Scham gegen „Staatskünstler“ und „Kulturschickeria“ hetzen. Noch dazu an einem heiklen Moment, an dem aus den Sozialmedien Vergiftendes fließt und der Umgang damit zum Problem wird. Es ist nun schwieriger als zuvor zu vermitteln, was Kunst und Kultur mit Gewissen, einer besseren Welt und mit Widerspruch zu den Meinungen der Mächtigen und der Mehrheit zu tun haben; auch, warum es den Mächtigen guttut, die Nähe von Künstlern zu suchen. Und das ist der Burgtheater-Tragödie zweiter Teil.

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