Stark und Fit sind das neue Dünn

Doris Knecht

Doris Knecht

Stark und Fit sind das neue Dünn

von Doris Knecht

über den Magerwahn

Die aktuelle ZEIT enthält ein Dossier über Fettleibigkeit, konkret über ihre soziale Ächtung und die Diskriminierung von Übergewichtigen: War Übergewicht früher ein Zeichen von Genussfreudigkeit und gelebter Lebenslust, ist sie nun ausschließlich negativ konnotiert: Dass man nicht auf sich und seine Gesundheit achte, dass man seine Gier nicht unter Kontrolle habe, über keine Selbstdisziplin verfüge. Was dazu führt, dass Übergewichtige bei Bewerbungen benachteiligt werden, gesellschaftliche Geringschätzung erfahren und ihnen – ganz anders als noch in den achtziger Jahren, als Gewichtigkeit noch ein Vorteil war -– Managerqualitäten abgesprochen werden, in Wirtschaft und Politik.

Dabei ist längst bewiesen, dass Übergewicht vor allem eine Folge von Veranlagung ist, und dass dick keineswegs automatisch krank bedeutet; sondern durchaus das Gegenteil.

Aber wie schwer es ist, sich dem seit den Siebzigerjahren grassierenden Schlankheits- ja, Magerwahn zu entziehen, spüren speziell in den Achtzigern und Neunzigern sozialisierte Frauen. Besonders zu dieser Jahreszeit, wenn radikale Textil-Minimierung droht. Man weiß, dass es dumm und falsch ist, dennoch fastet und hungert man sich seinen braven und gesunden Körper in Richtung eines Schönheitsideals zusammen, das irgendwer irgendwann den Frauen aufoktroyiert hat und das man sowieso nie erreicht.

Obwohl. Ganz langsam ändert sich dieses Schönheitsideal nach Jahren erst sinnlos wirkender Bewusstseinsarbeit nun ganz allmählich doch. Stark und Fit sind das neue Dünn, und dass nun auch Frauen wie die schöne, fette Tess Munster von großen Modell-Agenturen verpflichtet werden, spricht für eine Differenzierung und Diversifizierung des Frauenkörperbildes. Auch die neuen androgynen Models, bei denen sich nicht mehr genau sagen lässt, ob sie Männer oder Frauen sind, zeigen, wie ein von Supermodels geprägtes Frauen-Stereotyp endlich zerbröselt. Höchste Zeit. Und Zeit zu für ein richtig schönes Frühstück.

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