Der Kampf um die Wahrheit

Doris Knecht

Doris Knecht

Es ist ein Wille spürbar, dem Gegenüber Schmerz zuzufügen.

von Doris Knecht

über die aktuellen Aufreger

Wie meine Oma selig sagen würde: Zugehn tut’s. Tut es in der Tat: wegen der Wahl, wegen der SPÖ, wegen des Mordes am Brunnenmarkt und der Situation drumherum. Ich habe die Leute selten so aufgewühlt erlebt, so aufgebracht, auch so entschlossen: Sich zu bekennen, sich nicht nur auseinanderzusetzen, sondern leidenschaftlich zu streiten, um Meinungen, um Haltungen, über die korrekte Sicht auf die Realität, über die nötige Reaktion, über die richtige Vorgangsweise, um die Benennung der Schuldigen: um die Wahrheit. Man stellt sich gegenseitig an den halb oder ganz öffentlichen Pranger des Internets, man beschuldigt, beleidigt, verletzt sich; aggressiv, mitunter brutal. Es ist ein Wille spürbar, dem Gegenüber Schmerz zuzufügen. Man merkt eine Bereitschaft, tiefe Gräben zu schaufeln, die sich nicht mehr so leicht zuschütten lassen werden. Es gibt eine Spaltung, nicht nur zwischen Lagern, das ist eh normal, sondern auch innerhalb der Lager. Kleine Fehler, vorsichtige Kritik: alles wird sofort zu ideologischen Kampagnen aufgepumpt, die einem die Sicht verstellen. Man versteht, dass derzeit viele aus Facebook und Twitter flüchten, zumindest bist nach der Wahl. Es ist extrem.

Zum Glück gibt’s den Song Contest, über den man ganz risikolos ablästern und streiten kann. Soweit sich das derzeit beurteilen lässt, bin ich Team Schweden, der kleine Frans ist nett, wenngleich es mir lieber wäre, er würde auf Schwedisch singen, das englische Libretto schwächelt doch etwas heftig.

Und ja, diese Zoë, die ist herzig und sympathisch, aber mit dem Song kann ich überhaupt nichts anfangen. Wenn er mir einfach egal wäre, gut, aber er triggert etwas Unangenehmes. Trotzdem okay, dass Zoë im Finale ist, weil ein Finale ohne Österreich immer nur halb so spannend ist, selbst wenn man kein Fan des heimischen Songs / Interpreten ist. Aber jeder Song Contest ist jetzt eine schöne Erinnerung an den einen wunderbaren Eurovisions-Abend, an dem man es war, und an dem man belohnt wurde, dank Conchita.

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