Hirnfrei-Siegel

Die Idee, etwas für "Freiheit von" auszuzeichnen, ist bestechend.

von Anna Gasteiger

über mögliche Fernsehpreise

Es ist ja nicht so einfach, eine Kategorie zu finden, in der man die „Rosenheim Cops“ auszeichnen kann. Hübschester im Hauptabendprogramm zu sehender voralpenländischer Vorgarten? Exzessivster Einsatz einer Filterkaffeemaschine? Niedrigstmöglicher Ruhepuls bei größtmöglicher beruflicher Belastung (Filterkaffee, Trachtenjanker, Mord etc.)? Dem deutschen Aktionsbündnis Nichtrauchen ist es diese Woche gelungen: Die Serie wurde mit dem „Rauchfrei-Siegel“ ausgezeichnet, weil darin „auf rauchende Charaktere verzichtet und Raucher nicht zu positiven Rollenmodellen stilisiert werden.“ (Allerdings sind stündlich mit Protesten des Aktionsbündnis Nichttrinken zu rechnen; Bier, in Mitteleuropa bekanntlich so etwas wie Limonade – die chemische Zusammensetzung muss anders sein als im Rest der Welt –, durchfließt die bajuwarischen Serienkehlen nämlich recht stetig.) Die Idee, etwas für Freiheit von auszuzeichnen, ist bestechend. So ist es zum Beispiel lobenswert, dass in „Rosamunde Pilcher“ keine islamistischen Parolen verbreitet werden. Die Telenovela „Sturm der Liebe“ kommt ohne Propagierung harter Drogen aus, „Tessa – Leben für die Liebe“ ohne Einsatz von Gewalt oder pornografischen Mitteln und allen dreien ist gemeinsam, dass sie über weite Strecken auch auf Hirn verzichten. Fernsehmacher erwägen nun also die Einführung eines „Hirnfrei-Siegels“ – falls sich 500 Sacharbeiter finden, die bereit sind, die tausende Seiten lange Nominiertenliste durchzuarbeiten.

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