Wies’n das möglich?

Karl Hohenlohe

Karl Hohenlohe

Die Wiesn ist überall.

von Karl Hohenlohe

Über die Wiesn

Lange haben die Prominenten nach einem aufregenden Betätigungsfeld gesucht und endlich gefunden. Man trifft sich neuerdings am Land. Wobei man dafür das Land in die Stadt holt. Flugs ist in der Peripherie ein Festzelt, wie wir es vom Kirtag kennen, aufgebaut und einmal eingetreten, glauben die Besucher, draußen Kuhglocken zu hören. Die Wiesn ist überall.

Verzückt nippen Berühmtheiten dann an ihrer Maß Bier, träumen von den Spa-Anlagen in den Bergen und werden dabei fotografiert.

Die Königsdisziplin in diesem Treiben ist aber die Adjustierung, der Griff zur Tracht. Der Hang der urbanen Prominenz zur ländlichen Kleidung spiegelt sich in der massiven Überhöhung der einzelnen Ausstattungsdetails wieder. Plötzlich zieren überdimensionale Hirschknöpfe die karierten Westen, überdimensionale Verunzierungen die Lederhosen und überdimensionale Dekolletees ihre Besitzerinnen.

Und doch hat dieses ländliche Treiben in der Stadt etwas Gutes. Immer wenn sich die Fotografen nähern, übt man sich im Brauchtum, und längst ausgestorbene Verhaltensmuster werden plötzlich wieder zum Leben erweckt. So konnte das Schunkeln vor dem Vergessen gerettet werden. Prominente, die sich entweder noch nie vorher gesehen haben oder seit Jahren hassen, hängen sich plötzlich ein und bewegen die Oberkörper halbwegs rhythmisch von links nach rechts. Dann schreit ein heiserer Sänger „Ein Prosit der Gemütlichkeit“, die sich ohne diesen Weckruf einfach nicht einstellen will.

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