Todesahnung

Karl Hohenlohe

Karl Hohenlohe

Besonders schlimm ist es, wenn sich das Gesicht für alle Zeiten eingeprägt hat, der dazugehörige Name aber nicht.

von Karl Hohenlohe

über das Vergessen

Ich weiß mich eins mit zahllosen Leserinnen und Lesern, denen mit zunehmendem Alter die Namen aus dem Kopf purzeln und auf Nimmerwiedersehen verschwinden.

Dies wäre keineswegs belastend, wenn man die entnamten Personen nicht fallweise trifft und keine Ahnung hat, wo man sie einordnen soll.

So habe ich es schon erlebt, dass ich auf der Straße von einem wildfremden Mann in ein Gespräch gezogen wurde und es mir nach drei, vier Sätzen dämmerte, dass auch ich ihm unbekannt war.

Besonders schlimm ist es, wenn sich das Gesicht für alle Zeiten eingeprägt hat, der dazugehörige Name aber nicht.

Es liegt dann an der eigenen List und Tücke, durch geschickte Konversation und investigative Fragestellung das Inkognito des Visavis zu lüften. Diese privaten Untersuchungsausschüsse sind nicht immer von Erfolg gekrönt.

So hörte ich kürzlich von der berühmten Schauspielerin B., die auf der Straße die Pianistin E. gehen sah. Sie gesellte sich zu ihr und musste in kürzester Zeit feststellen, dass es sich bei der Pianistin E. nicht um die Pianistin E. handelte, sondern um ...? Schon geriet die Schauspielerin B. in Panik, da schoss es ihr ein, dass es sich wahrscheinlich um die Gattin des Waidmannes S. handelte. Schnell war in Gedanken der Hinweis, "Also, Ihr Mann, noch immer ein Jäger" gezimmert, und während sie die Frage stellte, fiel ihr plötzlich ein, dass der Waidmann S. schon gestorben war, aber es gab kein Zurück.

Das Gespräch endete mit der wunderbaren Frage: "Also, Ihr Mann, noch immer ... tot?"

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