Verbrüdert

Karl Hohenlohe

Karl Hohenlohe

Nun hat der Bruder einer Legende seinen 70. Geburtstag gefeiert.

von Karl Hohenlohe

über Rudi Sailer.

Nun hat der Bruder einer Legende seinen 70. Geburtstag gefeiert.

Man ließ ihn hochleben, erinnerte sich seiner Taten und natürlich seines weltbekannten Bruders, der sein Leben nicht bestimmte, aber in eine eigene Richtung lenkte.

Es ist nicht leicht vorstellbar, wie es ist, wenn man ständig im Schatten eines Familienmitgliedes steht, ob man es als Schattendasein empfindet oder als Inspiration.

Am schwierigsten ist es, wenn man man dem berühmten älteren Bruder auf seinem Terrain nacheifert.

Wenn man versucht, jenen Erfolgsweg einzuschlagen, der den anderen in eine Legende verwandelte. Hat jemand beispielsweise einen Schachweltmeister zum älteren Bruder, wird die Öffentlichkeit jeden Zug des Jüngeren argwöhnisch beobachten, jede Finte abwägen und sich die Frage stellen, ob die taktischen Überlegungen seinem Gehirn entsprangen oder doch nur Imitat der brüderlichen Überlegungen waren.

Misst man sich im Sport, wird man die Stile gegenüberstellen, den Körpereinsatz und die Fähigkeit zur Überwindung, in der Kunst wird man die Kraft der Fantasie der Geschwister miteinander vergleichen und in der Wirtschaft die Dividende bei der Ausschüttung.

Der Nacheifernde wirkt nicht als Einzelner, sondern immer nur im Vergleich. Manch einer zerbricht am übermächtigen Bruder, andere partizipieren und Herr Rudi Sailer, seit zwei Wochen 70, hat sich selbst ein glückliches Leben gezimmert.

Kommentare