Stahlkraft

Karl Hohenlohe

Karl Hohenlohe

Ich selbst besitze eine Fülle nostalgiegebeizter Gegenstände, die mich gelegentlich gefangen halten.

von Karl Hohenlohe

über Erinnerungsstücke

Bei einem Festakt im Burgenland, der den Anwesenden den Fall des Eisernen Vorhangs in Erinnerung rief, wurden letzte Reste des legendären Stacheldrahtes vergeben.

Nichts ist von ihren aus- oder einschließenden Kräften geblieben.

Unschuldig, voll von zarter Gebrechlichkeit, hat man sie in gläsernen Pipetten konserviert, um sie, eventuell an verdiente Mitbürger, zu verschenken.

Die Menschen lieben Erinnerungsstücke solcher Art. Erst gestern war ja hier von der Sportmütze des Doktor Sigmund Freud und der Lederhose von Andreas Gabalier zu lesen.

Ich selbst besitze eine Fülle nostalgiegebeizter Gegenstände, die mich gelegentlich gefangen halten.

Ein Autogramm vom zweiten Mann am Mond, eine Postkarte von Fritz Muliar aus Triest, wo er alljährlich den Feierlichkeiten des KFJ selig beiwohnte, und eine Effilierschere aus dem Besitz des Coiffeur B., der Jahrzehnte meinen Vater und mich als Kleinkind betreute.

Als Herr B. selbst ein junger Mann war, schnitt er noch Herrn Jossif Wissarionowitsch Dschugaschwili, den sie damals "Sosso" riefen und der später als Herr Stalin weniger gefeiert als vielmehr gefürchtet wurde, das Haar.

Diese Effilierschere, die dazu geboren war, Genossen Stalin, Hohenlohe sen. wie junior und Tausenden anderen das dichte Haar zu lüften, erfüllt längst nicht mehr ihren ursprünglichen Zweck.

Heute wird sie ausschließlich betrachtet und manchmal glaubt sich ihr infantiler Besitzer auch im Dunstkreis der weltberühmten Revolutionäre.

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