Was tut der Käufer der blonden Locke mit seinem Schatz? Betrachtet er ihn ehrfürchtig und ruft sich den dreijährigen Erzherzog in Erinnerung?

von Karl Hohenlohe

über die Haarlocke von Kaiser Franz Joseph

Bald wird man im Dorotheum zwei Gegenstände aus dem Leben des Kaisers Franz Joseph versteigern. Eine Haarlocke des Knaben, eine Unterhose des Greises. Diese Artefakte aus dem langen Monarchendasein umspannen ein ganzes Leben.

Was tut der Käufer der blonden Locke mit seinem Schatz? Betrachtet er ihn ehrfürchtig und ruft sich den dreijährigen Erzherzog in Erinnerung? Legt er das Haar in eine Lade, in einen Rahmen, in einen feuerfesten Safe oder legt er es ab?

Streift er mit den Fingerkuppen manchmal behutsam darüber und denkt an Schönbrunn, Bad Ischl oder Herrn Palfrader? Wird die Locke ausschließlich der eigenen Erbauung dienen oder werden allfällige Gäste an das hohe Haar herangeführt? Seht her, dieses Stück, einst näher an dem Kaiser als all seine Lakaien, näher als dem Obersthofmeister und seinen Schranzen und näher als seinem Sohn Rudolf, mit dem ihn später vor allem die Distanz verband.

Die Locke befindet sich auf gleicher Ebene mit Elisabeth, Marie Valerie und Frau Schratt. Was tun mit der Kaiserlocke, wenn man einmal selbst nicht mehr ist? Was tun, wenn die Kinder dieses seltsame Strandgut, das eine sentimentale Welle angeschwemmt hat, als Regimentsfahne des geistigen Verfalls empfinden? Als verzopft, wenn ihnen dieses Vokabel noch geläufig wäre.

Der Besitz einer Haarlocke des KFJ selig hat wohl auch seine Schattenseiten. Ähnlich wird es dem Eigentümer einer allerhöchsten Unterhose gehen, dem wir schon demnächst einige Zeilen schenken werden.

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