Grüner Star

Karl Hohenlohe

Karl Hohenlohe

Unruhig warf er sich hin und her und malte sich die Opernball-Pressekonferenz in schillerndsten Farben aus.

von Karl Hohenlohe

Opernball

Magister Christoph Wagner-Trenkwitz, der sich nun schon seit Jahrzehnten fast an seine senile Bettflucht gewöhnt hatte, konnte diese Nacht noch weniger schlafen als sonst.

Unruhig warf er sich hin und her und malte sich die in ein paar Stunden stattfindende Opernball-Pressekonferenz in schillerndsten Farben aus.

Er war aufgeregt, sehr aufgeregt.

Nein, nicht das Dirigat, die schönen Sängerinnen, die Tanzeinlagen und die unzähligen Sponsoren mit ihren Sachleistungen rauben ihm einmal im Jahr den Verstand: Es war die Opernball-Flora, die ihn wieder schwer atmen ließ.

Was würde heuer geboten? Die ihm so lieb gewonnenen Hyazinthen, blassblaue Veilchen oder rote Nelken, die er insgeheim als derb bewertete?

Mag. Wagner-Trenkwitz, normalerweise eher den Sukkulenten zugewandt, träumte von einer Pflanze.

Hätte man ihn gefragt, hätte er vermutlich gestanden, dass ihn in diesem Jahr die Lilie am ehesten betören würde, aber das Leben ist kein Wunschkonzert und natürlich hat ihn niemand gefragt.

Während der Pressekonferenz rutschte er unruhig auf dem Sesselchen, wischte sich die Stirn und die Sponsoren mit den Sachleistungen zur Seite und dann geschah es.

Die Opernball-Mutter, Frau Desirée Treichl-Stürgkh, hielt nicht länger mit Details zum Blumenschmuck hintan und gab endlich die Blumen des Opernballs 2015 bekannt: Lilien.

Wagner-Trenkwitz strahlte, ein Bach von Chlorophyll lief in seinem Mund zusammen – der Opernball kann kommen.

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