Fahrtenschreiber

Karl Hohenlohe

Karl Hohenlohe

Herr Schell fuhr damit einkaufen, die Milch holen und seine Braut zur Hochzeit.

von Karl Hohenlohe

Prominenter Mercedes

Vor einiger Zeit wurde im Dorotheum ein Mercedes versteigert. Ein offener Mercedes, blau und im Jahre 1977 unter Kreischen geboren.

Er war dem Käufer gut und teuer.

Auch, weil er blau, offen und ein Mercedes war, vor allem aber, weil er zuvor von einem Prominenten gelenkt wurde.

Das schöne Auto, fast möchte man "die Limousine" sagen, wurde von Maximilian Schell besessen. Im wahrsten Sinn des Wortes. Herr Schell fuhr damit einkaufen, die Milch holen und seine Braut zur Hochzeit.

Wie wird der neue Besitzer mit der Reliquie umgehen? Wird er den Wagen auf Watte betten und gelegentlich gerührt betrachten, wird er ihn zu Sonderfahrten nutzen oder ihn der "Road to Hell" der Oldtimer, dem Alltagsverkehr, anvertrauen?

Es gibt unzählige Fahrzeuge aus prominentem Besitz, die in den verschiedensten Automobilmuseen darben.

Manchmal werden sie unter dem Ausstellungs-Titel "Chrome de la Chrome" an die Öffentlichkeit geschoben, gerührt betrachtet und dann wieder vergessen.

Sie werden nicht wegen ihrer selbst geliebt, sondern ausschließlich, weil irgendwann irgendeine Berühmtheit am Volant saß. Das hat die Fahrzeuge mürbe gemacht, der Lack ist früh stumpf, das Leder brüchig und der Gummi spröde geworden.

Besser, der neue Besitzer des alten Mercedes bewegt ihn und erinnert sich, dass Maximilian Schell einmal mit Judy Garland in einem Leihauto saß, ihr im Radio zum allerersten Mal Mozart vorspielte und sie, von Emotionen übermannt, weinte.

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