Konsequenzen für Feigheit

Günther Pavlovics

Günther Pavlovics

Der Prototyp des Publikumvergraulers ist Fernando Santos.

von Günther Pavlovics

über Taktikfüchse

Fußball schafft Emotionen mit schönen Bildern, strahlenden Helden und gefallenen Stars. Dafür braucht es aber Tore oder zumindest Torchancen. Das ist der gravierende Mangel dieser EM.

Es ist eine Endrunde für Taktikfüchse, denen der Speichel angesichts perfekt aufgefädelter Fünfer-Abwehrreihen im Mund zusammenrinnt. Es sind aber Millionen an Menschen, die sich die Spiele anschauen – und denen ist Taktik recht egal, die wollen Spektakel sehen.

Und der Mut zu eben jenem ist nicht gegeben. Manche Trainer, so hat man den Eindruck, wollen ja gar keine Tore schießen. Ihnen ist die Null hinten weitaus wichtiger als das, was vorne passiert.

Das ist nur recht und billig. Aber dem Produkt Fußball schadet es. Der Prototyp des Publikumvergraulers ist Fernando Santos. Portugals Teamchef presst seine talentierte Truppe in ein defensives Korsett. Augenscheinlich wurde dies, als er Renato Sanches gegen Polen aus dem Zentrum nahm und an die Seite stellte. Dort konnte das 18-jährige Riesentalent fußballerisch nicht mehr so viel anstellen. Brauchbare Bälle sind so für Superstar Ronaldo rar – die Körpersprache des 31-Jährigen spricht für sich. Er ist schlicht verzweifelt ob der irgendwie nach vorne geschossenen Bälle.

Englands Roy Hodgson schien keinerlei Plan zu haben, aus einer sehr begabten auch eine erfolgreiche Truppe zu machen. Er verschleuderte das Talent von Kane, Vardy, Alli, Sturridge, Sterling, Rose, Walker, Clyne mit einer Dino-Taktik.

Angst vor der Courage

Manche der Mannschaften vermittelten Angst vor der eigenen Courage. Österreich spielte nie auch nur annähernd so forsch und zielorientiert wie in der Qualifikation. Klar wollen "kleinere" Länder nicht ins Verderben rennen. Aber Wales und Island zeigten, dass man mit Mut und einem Spielplan auch mehr als nur vereinzelte offensive Nadelstiche setzen kann.

Schade, dass die Italiener ausgeschieden sind. Denn sie waren zusammen mit Deutschland jene Mannschaft, die einen klaren Plan hatten, um auch zum Torerfolg zu kommen. Torchancen verkamen nicht zur Nebensache beim Verhindern.

Der Torschnitt bei dieser EM liegt hauchdünn über zwei Treffern pro Spiel. Das bisher schlechteste Turnier-Ergebnis bei WM- und EM-Endrunden gab es 1990 bei der WM in Italien: 2,21 Treffer wurden im Turnier pro Spiel erzielt.

Die Verantwortlichen des Weltfußballs zogen danach Konsequenzen, haben den Rückpass zum Tormann verboten und entschieden, dass Stürmer nicht mehr im Abseits stehen, wenn der letzte Verteidiger auf gleicher Höhe ist.

Es wird interessant, ob nach dieser EM zumindest über Änderungen diskutiert wird.

guenther.pavlovics@kurier.at

Kommentare