Scharfe Kanten

Bernhard Hanisch

Bernhard Hanisch

Eines hat Marcel Hirscher noch nie geschafft: auf die Nerven zu gehen.

von Bernhard Hanisch

über Marcel Hirscher

Ein Skifahrer. In Österreich hat ein Mann mit derartiger Profession immer das Potenzial, in den Herrgottswinkel gerückt zu werden. Zumindest steht im Falle der Erfolgsserie die Karriere als Nationalheld offen. Und als solcher gerät er – von medialer Dauerpräsenz zermalmt – rasch in Verdacht, dem weniger Ski-verliebten Publikum das Nervenkostüm zu zersägen.

Marcel Hirscher ist dauernd da. Im TV auf und abseits der Piste vom chauvinistischen Geheul begleitet.

Hinter ihm detoniert eine Drohne, Hirscher reagiert fassungslos, aber niemals hysterisch. Vor seinen Augen raubt ihm ein falsch eingesetztes Brillenglas den Durchblick. Hirscher ist eher enttäuscht als sauer. Verzichtet, auf den Schuldigen herumzutrampeln, weiß, dass diese Fehlleistung "einmal passieren kann." Beeindruckend ist seine Antwort, die er mit Bestzeit auf sportliche Weise liefert. Und wird trotzdem wieder geschlagen vom norwegischen Buben, dem ein von Pech verfolgter Hirscher einfach respektvoll attestiert, "momentan der Beste" im Slalom zu sein.

Sogar zum Flüchtlingsthema vertritt er eine Meinung, fordert glaubhaft, von eigenen Gefühlen motiviert, schlicht mehr Menschlichkeit. Tut es, obwohl er bei einigen seiner Fans das "Wir-Gefühl" auf eine echte Zerreißprobe stellt.

Eines hat Marcel Hirscher noch nie geschafft: auf die Nerven zu gehen. Die Meisterschaft des wahren Champions.

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