Die Rückkehr des Marketingschmähs

Taylor Swift macht nun Pop - und setzt bei der Ankündigung stark auf Social Media.
Georg Leyrer

Georg Leyrer

Das hat den Geruch der Verzweiflung.

von Georg Leyrer

über die Rückkehr des Marketing-Schmähs im Pop.

Das Musikbusiness ist seit 15 Jahren aus dem Gleichgewicht: Es wankt, angeschlagen vom Online-Kopieren. Allerlei wurde versucht, um dem Einhalt zu gebieten bzw. um anderweitig neue Einnahmen zu schaffen, von wenig hilfreichen Klagen bis - hochaktuell und wahrscheinlich genauso wenig hilfreich - Netzsperren, von Gut-Zureden bis zum Musikpauschal-Abo.

Irgendwann, so vor 5, 6 Jahren, versuchte man es besonders gerne über geschicktes Marketing: Radiohead ließen bei "King Of Limbs" die Fans entscheiden, wieviel sie für das Album bezahlen wollen (auch wenn die Fans dann nichts bezahlten, konnten sie das Album legal herunterladen). Ein kluger Marketingschachzug, der sich für die Band rechnete. Doch auch hier ging dem Business rasch der Atem aus: Derartige Schmähs kann man nur ein paar Mal machen, bevor sie den Witz verlieren.

Beyonce

Doch nun kehrt dieser Glaube an die Kraft des Musikmarketings in geballter Form zurück. Eingeläutet wohl durch Beyonce, die - auch kein Marketing ist Marketing - Ende 2013 ihr neues Album kommentarlos und ohne Ankündigung online stellte. Das sorgte dann doch für ziemliches Aufsehen.

Dieser Tage probieren es gleich zwei Acts - auf höchst unterschiedliche Weise. Countrypop-Star Taylor Swift setzte auf einen Social Media-Frontalangriff, zuerst auf Twitter und dann in einer Talkshow-artigen Präsentation, die über den Videodienst von Yahoo gestreamt wurde. Sie antwortete auf Fragen ihrer Fans über Twitter und Instagram.

Innovativer da schon Aphex Twin: Der Elektronikmusiker kündigt sein neues Album "Syro" an, als wäre es ein neuer Superheld. Zuerst mit einem Band-Logo, das er in den Londoner Himmel werfen ließ. Und dann mit einem getwitterten Link, der eine Besonderheit hatte: Er ließ sich nur über das Anyonmisierungs-Netzwerk TOR öffnen. Die Ankündigung erreichte also nur jene Fans (und Journalisten), die wissen, wie man sich anonym im Internet bewegt. Da ist eine Botschaft verpackt!

Das ist ziemlich lässig, freut die Nerd-Ecke - und hat insgesamt auch ein wenig den Odeur der Verzweiflung. Die Rückkehr des Marketingschmähs zeigt nämlich auch, dass das Business immer noch wankt - und sich in den letzten Jahren nichts zum besseren gewendet hat.

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