Steintrikes-Hersteller: "Ich bin der Mini-Walter Röhrl"

Thomas Seide vor dem Messegelände: "Ich bin der Mini-Walter Röhrl"
Wenn einem Thomas Seide mit seinem Liegerad über den Weg radelt, bleibt kein Stein auf dem anderen.
Stefan Hofer

Stefan Hofer

Wenn einem Thomas Seide mit seinem Liegerad über den Weg radelt, bleibt kein Stein auf dem anderen.

von Mag. Stefan Hofer

über den Steintrike-Erfinder

Er ist ein wenig verrückt, sagt er über sich selbst. Und im Gespräch ist er so überzeugend, dass man es ihm einfach glauben muss.

Thomas Seide läuft mir auf der GreenExpo 2014 in Wien (siehe Blog-Eintrag) über den Weg. Oder ich ihm. Seide redet schneller als ich mitschreiben kann. Jedenfalls sitze (oder liege?) ich Sekunden später schon in einem seiner handgefertigten "Steintrikes" und drehe eine Runde durch die Messehalle. Dann geht's ins Freie. Flottes Gerät, allemal.

Aber es sind nicht unbedingt die jungen Wilden, die sich in die Pedal-Flitzer verlieben. Die dankbarsten Käufer seien Rollstuhlfahrer. "Da bekomme ich Wochen nach dem Kauf oft noch eine nette E-Mail." Am häufigsten schlagen aber "Ehepaare und Männer ab 40 aufwärts" zu, so Seide. Was auch am stolzen Preis liegen könnte, wende ich ein. Ab 3300 Euro beginnt das Spitzensegment für die rund 17,8 Kilogramm schweren Dreiräder. Da kann man sich zwecks Fortbewegung auch einen gebrauchten Golf in die Garage stellen. Einerseits.

Andererseits. "40 Stunden Handarbeit" stecken in einem Rahmen. Ob Konstruktion, Design, Schweißen oder Endmontage - alles "Made in Europe", wie Seide sichtbar stolz betont. Zusammengebaut wird im niederösterreichischen Gänserndorf.

Steintrikes-Hersteller: "Ich bin der Mini-Walter Röhrl"

Vier verschiedene Sitzmodelle bei den Steintrikes bietet Seides Firma "Bike Revolution" an, auch E-Modelle stehen zur Auswahl. Zudem sind mit den extravaganten Rädern, die Namen wie "Wild One" oder "Mungo" tragen, Geschwindigkeiten über 100 km/h möglich. Aber das will Seide nicht als Empfehlung verstanden wissen. Sie wissen schon, Straßenverkehrsordnung. Auch wenn er mit Händen und Füßen die Wendigkeit und Bodenhaftung seiner Liegeräder beschreibt und sich selbst gewitzt als " Mini-Walter Röhrl" bezeichnet. "Kennst du den noch?" Eine Gemeinsamkeit hat der gebürtige Gänserdorfer mit dem legendären deutschen Rallyefahrer. Auch Seide lebte eine Zeit lang in Deutschland. Apropos.

40 Stunden europäische Handarbeit

80 Prozent seiner Bikes verkauft er nach Deutschland, nur zehn Prozent der Kunden kommen aus Österreich. Die Rad-City Wien ist für ihn ein mäßig gutes Pflaster. "Unter anderem ist der Nahverkehr in Wien zu gut ausgebaut", vermutet Seide.

Seit 2004 entwickelt Seide die Steintrikes, vom "Prototypen bis zum serienreifen Produkt", wie auch auf der Website von "Bike Revolution" zu lesen ist. Mittlerweile boomt das Geschäft, die Auftragslage ist gut. Durchschnittlich 20 Rahmen fertigen er und seine sieben Mitarbeiter pro Monat an. Derzeit müssen sich Käufer acht Wochen gedulden.

Liest man in Online-Foren, lassen vermutete schlechtere Sichtbarkeit im Stadtverkehr und "Auspuff-Nähe" so manche Rad-Aficionados vor einer Anschaffung eines Liegerads zögern. Ansonsten gilt: Nicht nur im flachen Marchfeld ist ein Steintrike als Autoersatz wunderbar vorstellbar. Klimafreundlicher sind die Velomobile auf jeden Fall.

Für den 31. Mai lädt mich Thomas Seide zu seinem Sommerfest ein, mit Freibier und Essen. Leider muss ich passen. Aber Thomas Seide freut sich sicher, wenn Sie vorbeischauen - und sich in seine Liegeräder verlieben.

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