Hofer wühlt im Müll

Gut war er, der Thunfisch mit Nudeln. Den Gang zur Altmetall-Tonne erspare ich mir aber künftig, da ich ab sofort keine Dosen mehr kaufe.
Klima-Blog, Woche 4: Ich kaufe keine Metalldosen. Aber eigentlich sollte nicht Verzicht, sondern Innovation die Öko-Debatte prägen.
Stefan Hofer

Stefan Hofer

Habe ich Ihnen schon von meinem Nachbarn erzählt? Nennen wir ihn Herr K. Ein liebenswerter Mensch, der aber auf Außenstehende verschroben wirken mag. Mit K. lässt sich die Welt erklären - oder zumindest manch sonderbares Ereignis in unserem Gebäude.

Je länger ich im Haus wohnte, desto stärker wurde das Gefühl, er weiß mehr über mich, als ich bei flüchtigen Gesprächen im Stiegenhaus preisgab. Das Wieso klärte sich alsbald. K. kramt in Mülltonnen, bevorzugt Altpapier. Schockiert ob der Entdeckung zerriss ich vertrauliche Briefe, bevor ich sie entsorgte. Mittlerweile bin ich gelassener und schicke per Altpapiercontainer Zettel-Botschaften an K. Facebook en miniature.

Auch ich war als Schüler semiprofessionell im Abfallgeschäft tätig. Bei einem Ferialjob musste ich frühmorgens Müllkübel ausleeren und den Inhalt in Altpapier, Metall, Plastikflaschen und Restmüll trennen. Essensreste, Windeln und Co. – mir wurde vom Odeur übel. Ein anderer Mitarbeiter hatte sich mit dem Müll arrangiert. Er fand darin Schillingmünzen, legte sich weggeworfenes Spielzeug auf die Seite oder nahm einen Schluck aus einer geöffneten, halbleeren Coladose.

Auf die Dose kommt es an

Hofer wühlt im Müll

Ob Alu- oder Weißblech - ich hingegen mag die Dose nicht. Manchmal bricht der Stay-on-Tab-Verschluss und die Dose bleibt zu. Lässt sie sich doch öffnen, kann man sie nicht wiederverschließen. Liebe Hersteller: Das ist unpraktisch! Dosen mit wiederverschließbarem Deckel (Ball Resealable End) sehe ich noch selten in den heimischen Regalen. Außerdem empfehlen Lebensmittelexperten, Reste in Vorratsbehälter umzufüllen, da die Dosen Zinn absondern könnten.

Auch aus ökologischer Sicht spricht nicht viel für die Dose: Traut man einschlägigen Studien, haben Getränkedosen aus Aluminium rund drei Mal so hohe CO2-Emissionen wie Mehrwegflaschen aus Glas und fünf bis sechs Mal so hohe wie Mehrwegflaschen aus Kunststoff. Die Herstellung eines Kilogramms Aluminium ist energieaufwändig, 13 bis 16 kWh Strom sind erforderlich.

Überdies entsteht bei der Erzeugung als Abfallprodukt hochgiftiger Rotschlamm, dessen Natronlauge Pflanzen und Tiere tötet und krebserregend ist. Viele werden sich noch an den Rotschlamm-Unfall durch ein geborstenes Speicherbecken bei einer Aluminiumfabrik in Westungarn im Jahr 2010 erinnern.

Klima-Gipfel: Ernüchterung in Rio

Den Ressourcen- und Energieverbrauch und die Umweltschäden im Hinterkopf, kaufe ich keine Getränke- und Konservendosen mehr. Allerdings ist der Einwand, Verzicht führe die Öko-Debatte in eine Sackgasse, nicht nur berechtigt, sondern vollkommen richtig. Dass die Welt über ihre Verhältnisse lebt, wissen wir ja längst.

Das Problem der globalen Umweltbewegung bestehe darin, analysierte jüngst Alexander Neubacher im Spiegel (24/2012), "dass sie weniger darüber nachdenkt, wie das Neue in die Welt kommt, sondern, im Gegenteil, darüber, wie es sich verhindern lässt."

Der Erdgipfel in Rio 1992 gilt als erfolgreich. 20 Jahre danach treffen sich von Mittwoch bis Freitag Vertreter aus mehr als 190 Staaten erneut in der brasilianische Metropole zu einer UN-Klimakonferenz. Große Ernüchterung machte sich schon vor Konferenzbeginn breit. Österreichs Umweltminister Nikolaus Berlakovich reiste nicht einmal an. Er sei enttäuscht vom vorab vorgelegten Abschlussdokument.

Ich war nicht eingeladen, sage aus Protest aber auch mal ab. Und beginn bei mir selbst. Egal, was sie in Rio davon halten. Nur fürs Protokoll.

Infos

Klima-Blogger Hofer hat nichts gegen Umweltschutz und liebt vor allem Herausforderungen. Lesen Sie hier mehr.

Kommentare