Ein zweites Leben für Zigarettenstummel

Das Plakat am Tresen zeigt es an: Im Cafe "Parks" von Martina Rötzer (Bild) in der Grazer Zinzendorfgasse werden Tschickstummel gesammelt.
US-Student Tom Szaky stellte aus Wurmkot Dünger her. Nun setzt seine Firma TerraCycle den Fuß nach Graz – und sammelt Tschick.
Stefan Hofer

Stefan Hofer

Tom Szaky stellte aus Wurmkot Dünger her. Nun setzt TerraCycle den Fuß nach Graz - und sammelt Tschick.

von Mag. Stefan Hofer

über Recycling

Kaum etwas riecht für einen Nichtraucher so unangenehm wie der Geruch einer ausgedämpften Zigarette. Nun wird Tschickstummeln ein zweites Leben eingehaucht. Wer sich in diesen Tagen in Grazer Bars die Nächte um die Ohren schlägt, dem könnte das Logo der Aktion "Filter-Rein" unterkommen. Die Idee dahinter: Lokale, Hotels und Firmen sammeln Zigarettenreste, schicken diese an TerraCycle. Die auf Recycling spezialisierte US-Firma lässt daraus neue Plastikprodukte herstellen.

Ein zweites Leben für Zigarettenstummel

Das Projekt beweist durchaus Witz: Neben Parkbänken werden auch - aufgepasst - Aschenbecher hergestellt.

"Wir recyceln Dinge, die bisher nicht recycelt wurden", bringt Wolfram Schnelle, TerraCycle-Österreich-Manager, im KURIER-Gespräch die Firmenphilosophie auf den Punkt. "Uns geht es darum, dass ein Material ein zweites Leben bekommt und von der Verbrennung ferngehalten wird." Denn meist sei Recycling "technisch kein Problem, lohne sich aber ökonomisch nicht". In diese Nische prescht TerraCycle, bietet weltweit Lösungen für schwer recycelbare Abfälle an.

"Ob Eisbox oder Farbeimer" womit gesammelt werde, ist Schnelle egal. Auf der Website findet man Sammelstellen in der Nähe, meist Trafiken oder Bars. In der steirischen Landeshauptstadt sind bereits 33 Abgabepunkte registriert. Nach einem halben Jahr wird evaluiert, ob das Pilotprojekt in Graz Früchte trägt. Falls ja, ist eine Ausweitung auf andere Städte angedacht.

Karte: Sammelstellen in Graz

Ein zweites Leben für Zigarettenstummel

Zum Recyclingprozess: Der Zigarettenfilter wird von Papier, Tabak und Asche getrennt, diese Teile werden kompostiert. "Der Filter selbst wird dann zu einem Plastikpellet eingeschmolzen", erklärt Schnelle. Bei Projekten in Österreich wird in einem Lagerhaus in der Nähe von Wien gesammelt und an die jeweiligen Kooperationsfirmen weitergeleitet, die das technische Know-How für den Recyclingprozess mitbringen.

Ganz so ideologisch, wie es auf den ersten Blick klingt, laufen die Initiativen der in mehr als 23 Ländern organisierten Firma natürlich nicht ab. Branchenriesen werden zum Mitmachen ermuntert, schließlich müsse auch der kostenlose Versand finanziert werden. Bei den Zigaretten kooperiert man daher mit Philipp Morris Austria, beim seit 2013 in Österreich laufenden Sammelprogramm für Zahnpflegeprodukte ist Colgate der Partner-Konzern.

Meinem Einwand, ob es nicht sinnvoller sei, von vornherein auf rohstoff- und verarbeitungsintensive Produkte zu verzichten, versucht Schnelle mit Realitätsnähe den Wind aus den Segeln zu nehmen: "Wir haben gewissen Ansprüche als Konsument, von denen wir nicht abrücken wollen." Und ja, räumt Schnelle lachend ein: "Idealerweise gäbe es uns gar nicht!"

Dünger aus Wurmkot

Mittlerweile ist TerraCycle in mehr als 23 Ländern aktiv. Das Forschungs- und Entwicklungsteam sitzt im Headquarter in den USA. Dort, wo auch die Wurzeln der Upcycling-Firma TerryCycle liegen. Gegründet hat die Firma der ungarischstämmige Tom Szaky im Herbst 2001.

Seine ersten Gehversuche als Entrepreneur haben den schrägen Touch einer jeden guten US-Erfolgsstory: Szaky, damals Student an der Elite-Uni Princeton, verkaufte anfangs Wurmkot als Dünger. Und ja, auch diese Geschäftsidee blühte.

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