Nur mein Maurer kam nicht

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Ich glaube, wir fahren in die verkehrte Richtung.

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über sein persönliches Mauererlebnis

Als die Nachricht im Fernsehen bekannt gegeben wurde, das alle DDR-Bürger ab sofort nur mit dem Personalausweis nach West-Berlin und in die BRD reisen dürfen, spielte ich mit meiner Band „Opus 3“ in einem kleinen Dorf im Spreewald zum Tanz auf. Wir sangen deutsche Schlager und Stimmungsmusik und die Leute auf der Tanzfläche waren sehr vergnügt. Hier im Kulturhaus lief weder ein Fernsehgerät noch einen Radio Empfänger.

Als wir mit meinem Moskwitsch und Anhänger auf der Autobahn von Cottbus in Richtung Dresden fuhren, war es zwischen 2:00 und 3:00 Uhr des 10. November 1989. Sonst waren wir um diese Uhrzeit weit und breit die Einzigsten auf der Autobahn. In dieser Nacht zogen im Gegenverkehr die Trabis und Wartburgs im Kolonnenverkehr Richtung Berlin. „ Jungs, ich glaube, wir fahren in die verkehrte Richtung.“ Noch hatten wir keine Ahnung, was passiert war. Zu dieser Zeit war ich Häuslbauer und hatte am nächsten Morgen um 8:00 Uhr mit meinem Maurer vereinbart, die Kellerwände zu verputzen. Doch es war bereits 9:00 Uhr, nur mein Maurer, er kam nicht. So fuhr ich mit dem Fahrrad durch unser sächsisches Dorf zu seinem Eigenheim, und läutete an der Haustür.

Niemand öffnete. Ein Blick durch das Schlüsselloch des Garagentores, verriet mir, dass sein Trabbi nicht hier war. Ich war ein wenig sauer, hätte er doch was sagen können, wenn er keine Zeit hat. Zurück auf meiner Baustelle, der Mischer lief noch, zog ich aus der Baubude meine RFT Radio. 10:00 Uhr Nachrichten: Berlin, Mauer offen, Schabowski? Von was bitte reden die da? Ich stoppte meinen Betonmischer und lief zu meinem Nachbarn. Kannst du mir mal helfen? Was hab ich verpasst? Was reden die da in den Nachrichten? Aha! Jetzt wusste ich wo mein Maurer abgeblieben war. Er war mit seinem Trabbi nach Westberlin geeilt, und hielt schon das Begrüßungsgeld in der Hand.

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