Ich höre noch heute das Tack-tack-tack

Robert J. Greenan, Botschaftsrat für Öffentliche Angelegenheiten an der US-Botschaft in Wien.
KURIER Leser/innen

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Ich höre noch heute das Tack-tack-tack der Hämmer

von KURIER Leser/innen

den Abbruch der Mauer

Am 9. November 1989 war ich Austauschstudent in München, und hatte an diesem Abend Besuch von Freunden aus Hamburg. Eigentlich wollten wir zum Mexikaner ums Eck essen gehen, aber zuerst noch kurz die Tagesschau ansehen. Da war dann Günter Schabowski im Bild, der von der "sofortigen, unverzüglichen" Grenzöffnung sprach. Meine Freunde und ich wussten nicht, wie wir das verstehen sollten; bis dann einer von uns spontan vorschlug, nach Berlin zu fahren, um selbst zu sehen, was da los war.

Ich höre noch heute das Tack-tack-tack

Es war schon nach Mitternacht, als wir in Berlin ankamen. Es war alles relativ ruhig, bis wir den Checkpoint Charlie erreichten. Hier waren Massen an Menschen auf beiden Seiten der Mauer; weinende und lachende Leute, die in ihren Trabis über die Grenze fuhren. Ich erinnere mich noch an einen Westberliner in einem Mercedes, der den Kofferraum voller Sektflaschen hatte und jedem, der über die Grenze kam, eine Flasche Sekt überreichte – und trotz des Chaos stellten sich alle brav in der Schlange an. Am Brandenburger Tor standen die Menschen bis in die frühen Morgenstunden auf der Mauer und feierten und schlugen mit ihren Hämmern die Steine aus der Mauer. Ich höre noch heute das Tack-tack-tack der unzähligen Hämmer.

In diesen Morgenstunden hatte ich das Gefühl, dass sich die Welt für immer geändert hatte – ein Gefühl von Glück und Freiheit. Es waren die mutigen Handlungen und Entscheidungen jedes Einzelnen unter den tausenden Menschen in dieser Nacht, die die Mauer zu Fall gebracht hatten. Diese Nacht werde ich niemals vergessen, und man sollte das auch nicht.

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