ÖVP-Programm: Schließt das neue EU-Kapitel Schwarz-Blau im Bund aus?

Othmar Karas, ÖVP-Delegationsleiter im EU-Parlament
Die ÖVP gibt sich ein neues Parteiprogramm - die Richtlinien für die Europapolitik sind es wert, gelesen zu werden.
Philipp Hacker-Walton

Philipp Hacker-Walton

Wer den Text ernst nimmt, kann nicht an Schwarz-Blau denken

von Philipp Hacker-Walton

über das neue ÖVP-Programm

Die Volkspartei stimmt bei ihrem Parteitag am Dienstag über ein neues Grundsatzprogramm ab - und gibt sich dabei auch einen überarbeiteten europapolitischen Rahmen. Das EU-Kapitel ist in der Stoßrichtung (klar pro-europäisch, für eine Vertiefung der Union) nicht neu, enthält aber dennoch ein paar Punkte, die man sich genauer durchlesen und für die nächsten Jahre merken sollte.

Zum Beispiel der Absatz zu "Frieden, Stabilität und Sicherheit". Darin heißt es: Wir haben ein hohes Interesse an stabilen und sicheren Verhältnissen nicht nur bei unseren unmittelbaren Nachbarn, sondern auch in weiter entfernten Ländern. Die Europäische Union spielt dabei eine entscheidende Rolle. Eine zentrale Zukunftsfrage stellt daher die Weiterentwicklung hin zu einer Verteidigungsunion mit dem langfristigen Ziel einer gemeinsamen europäischen Armee dar.

Geht es nach Othmar Karas, dem Leiter der ÖVP-Delegation im EU-Parlament, dann sollen schon "sehr schnell" die ersten Schritte in diese Richtung gesetzt werden: Bis 2019, also noch in der (ersten) Amtszeit von Jean-Claude Juncker als Kommissionspräsident, will Karas einen Vorschlag der Kommission für eine Reform der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik sehen.

Apropos Außenpolitik: Die schrittweise Ausdehnung des Raums des Rechts, der Sicherheit, der Freiheit und Prosperität auf unsere gesamte Nachbarschaft ist dabei ein vordringliches Ziel, heißt es im neuen ÖVP-Grundsatzprogramm. Soll heißen: Die ÖVP ist für eine Erweiterung der EU. Allerdings mit einer Einschränkung: Im Papier wird die "Erweiterung um die Westbalkanstaaten" explizit erwähnt - das kann man so verstehen, dass außer den Balkanländern niemand anderer - zb die Türkei - auf absehbare Zeit beitreten soll.

Ein klares Bekenntnis zu TTIP lässt sich ebenfalls aus dem Grundsatzprogramm herauslesen - auch wenn der Handelsdeal mit den USA nicht explizit erwähnt wird: Wir wollen die Globalisierung aktiv mitgestalten, um von ihren Chancen zu profitieren. Wichtige Instrumente dafür sind Handelsabkommen (...).

Und noch etwas kann man, wenn man will, aus dem EU-Kapitel des neuen ÖVP-Programms schließen: Wer es ernst nimmt, kann eigentlich nicht mehr daran denken, nach der nächsten Wahl mit der FPÖ eine Regierung zu bilden. Karas will diese Frage nicht in den Vordergrund stellen und sich aktuell nicht zur theoretischen Möglichkeit von Schwarz-Blau äußern. Was er sagt, ist aber eigentlich deutlich genug: "Das Grundsatzprogramm ist aus europapolitischer Sicht ein großer Schritt vorwärts. Es ist der ordnungspolitische Rahmen für die Tagespolitik, für Wahlprogramme, und auch für Koalitionsverhandlungen."

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