Wie Aussteigen dabei hilft, Träume zu verwirklichen

Wie Aussteigen dabei hilft, Träume zu verwirklichen
Wie ein Zeitmanagement-Profi auf Weltreise ging und lernte, im Leben anzukommen.

"Die Kunst des Lebens ist nicht das Planen, sondern das Tun", sagt Martin Krengel in seinem Buch "Stoppt die Welt, ich will aussteigen". Darin berichtet der Autor von Zeitmanagement-Bestsellern sehr amüsant, wie er auf seiner Weltreise in der Steppe ein Würfelspiel mit Ziegenknochen gelernt oder in einem Irrenhaus in der Südsee übernachtet hat. Das Buch ist jedoch kein Reiseführer, sondern ein Reise-Lustmacher, ein "Arschtritt, seine Träume zu verwirklichen", wie Krengel im Interview mit dem KURIER erzählt.

KURIER: Anschläge, Amokläufe, Attacken – da klingt es verlockend, einfach auszusteigen. Aber kann man überhaupt noch sorglos die Welt bereisen?
Martin Krengel:
Man könnte und sollte es versuchen. Ich wollte zeigen, dass es beim Reisen normal ist, Angst zu haben und durch Höhen und Tiefen zu gehen. Reisen ist das beste Persönlichkeitscoaching. Wenn ich Angst habe, an einen bestimmten Ort zu gehen, muss ich eine Entscheidung treffen: Ist es mir die Neugier und das Risiko wert, jetzt z. B. nach Jerusalem zu gehen? Reisen ist wie ein Waschgang für die Seele. Einfach rauszugehen und das Gehirn reinzuwaschen, ohne sich in Sorgen zu vertiefen, tut wirklich gut. Dann kommt man gereinigt zurück und kann Sachen anpacken, über die man sonst immer nur lamentiert.

Eine Weltreise bleibt für die meisten trotzdem ein unerfüllter Traum. Warum?

Die meisten haben Angst – vor Erfolg. Vor dem Loslassen. Davor, ihr Umfeld zu verlieren und dass es sich verändert. Das Buch ist eine Metapher für viele Lebensträume. Man zweifelt leicht, wenn man etwas Neues wagen will. Das Gehirn ist immer schneller darin, nach Wenn und Aber zu suchen, als zu spüren, was alles zu gewinnen ist. Ich wollte zeigen, es ist nicht einfacher, aber es lohnt sich, durch diese Schmerzen und Hindernisse durchzugehen. Man lernt unglaublich viel über sich selbst – und ich kann mich jetzt viel leichter umstellen, mich anpassen, leichter Dinge loslassen. Ich will den Leuten die psychologische Wärmflasche an die Wange legen und sagen: Es ist ganz normal, dass es sich verdammt beängstigend anfühlt, wenn du so einen Prozess durchmachst und deine Träume erfüllst.

Was sind die typischen Fehler bei der Reiseplanung?

Zu viel planen, zu wenig leben. Es gibt diese berüchtigten Urlauber, die nur Stress haben und den Urlaub erst genießen, wenn sie die Fotos daheim ausgedruckt haben. Man kann zu schnell reisen, man kann zu viel planen und nicht mehr offen sein für diese schönen Momente, die entstehen. Ein großer Klassiker ist, alles sehen wollen, alles mitnehmen wollen.

Wie Aussteigen dabei hilft, Träume zu verwirklichen
Wie lang braucht man denn, um anzukommen?

Das ist unterschiedlich. Gut ist, sofort mit Action zu starten. In der Mongolei eine Woche Abenteuer zu erleben, war für mich toll, weil ich ständig mit neuen Eindrücken gefüllt wurde – da ist der Alltag schnell weit weg. Wenn ich mich einfach nur in Mallorca an den Pool lege, brauche ich ein paar Tage, um abzuschalten, weil mir noch so viele Dinge nachhängen. Oft ist es leichter, aktiv zu entspannen als passiv.

Ihr Buch ist eine Anleitung zum Loslassen und Leben lernen – wie und wo lebt es sich denn am besten?

Es ist ein Schlüssel-Schloss-Prinzip. Irgendwo macht es Klick und dann hast du dein Schloss gefunden. Ob das in Australien ist, in der Südsee oder in New York, kann ich nicht sagen. Für mich war Südamerika mein Schloss. Andere lieben die hektische Welt in New York. Mein Lebenskonzept ist, ich probiere viel aus und lerne viel über mich selbst. Wenn mir jetzt jemand von Australien erzählt, weiß ich, dass das nichts für mich ist. Meine Optionen schränken sich ein und ich werde immer ruhiger und glücklicher, weil ich weiß, da lauert nichts mehr, was ich verpasse.

Eine Metapher für den Zeitgeist unserer Gesellschaft?

Ja, deswegen sind wir mit Mitte 40 oft noch nicht verheiratet oder gebunden, weil man etwas verpassen könnte. Deshalb schauen wir uns nach anderen Jobs um, weil man irgendwo noch mehr verdienen oder glücklicher werden könnte. Es ist die Kehrseite dieser tollen Multi-Optionsgesellschaft – diese ständige Angst etwas zu verpassen. Mein Umgang damit ist: Ich habe auch Angst, aber ich habe alles gesehen, was ich sehen wollte und deswegen bin ich ruhiger. Jetzt fällt es mir leichter, mich zu entscheiden.

Irgendwann ist jeder Urlaub vorbei – wie kommt man am besten wieder zu Hause an?

Es braucht Zeit, sich zu resozialisieren. Die Welt ist so geblieben, wie man sie kannte und man hat gelernt loszulassen. Ich habe mir eine Liste gemacht von den Dingen, die ich gelernt habe und in meinen Alltag integrieren will und gehe z. B. regelmäßig Salsatanzen.

Ein Schwerpunkt in Ihrem Buch ist Digital Detox – wie sehr gehört das Internet zum Urlauben?

Letztendlich geht das Leben weiter, wenn man es für ein paar Tage, Wochen oder Monate ignoriert. Genau dadurch habe ich mich weiterentwickelt. Weil ich so mehr auf das hören konnte, was in mir drinnen ist. Wenn ich immer nur nach außen schaue, mache ich nur Vergleiche, was andere machen und denke das, was andere gedacht haben. Das ist so wie eine Wiese, die man während des Urlaubs nicht mäht – dann kommen neue Pflanzen, die sich ansiedeln, die man sonst wegmähen würde.

Buchtipp:

Wie Aussteigen dabei hilft, Träume zu verwirklichen
Martin Krengel "Stoppt die Welt, ich will aussteigen", Eazybookz
Martin Krengel: „Stoppt die Welt, ich will aussteigen!“ Eazybookz, 14,99 Euro.

Homepage: http://www.martinkrengel.com/reisen/weltreise/

Kommentare