Körperkritik von Kopf bis Fuß

Körperkritik von Kopf bis Fuß
Zu nackt, zu angezogen - zu dünn, zu dick - zu viel Make-up, zu sehr Öko-Tussi: Die Bandbreite gesellschaftlicher Werturteile über Frauenkörper ist groß. Eine französische Künstlerin bringt die Problematik der Polemik auf den Punkt.

Mit ihrer Illustration "The Lottery of Indecency", zu Deutsch "Die Lotterie der Anstößigkeit", beschreibt die Französin, die unter dem Künstlerinnenpseudonym "La sauvage jaune" arbeitet, die Willkür, die mit der Bewertung von Frauen weltweit einhergeht.

Zwei Welten, geeinte Polemik

Das zweigeteilte Bild zeigt einen Frauenkörper, der je nach Körperteil und äußerlicher Gestaltung unterschiedlichsten Werturteilen unterworfen ist. Dabei wird von der Illustratorin auch ganz bewusst eine Kontrastierung eines freizügigen westlichen und eines verhüllten muslimischen Körpers dargestellt.

So ist das Kopftuch der gemalten Figur beispielsweise mit dem Kommentar "Du bist ganz klar unterwürfig" versehen. Das entgegengesetzte geschminkte Frauengesicht wird mit den Sätzen "Du siehst wie eine Hure aus mit dem Make-up" oder "Wenn du kein Make-up trägst vernachlässigst du dich" kommentiert. Einem durch einen Burkini verhüllten Oberkörper stellt die Illustratorin einen nackten gegenüber. "Burkini? Ein Neoprenanzug der das Wort 'Burka' beinhaltet und deswegen verboten ist. Zieh dich aus!", schreibt die Künstlerin mit einem gewissen sarkastischen Unterton und bezieht sich dabei auf die von ihr für scheinheilig befundene Debatte über das Burkini-Verbot.

Der barbusige Torso wird ebenfalls bekrittelt: "Bedeck das. Du solltest dich schämen. Du hast keine Selbstachtung." Auch vor nackten, behaarten Beinen oder verhüllenden Röcken wird nicht Halt gemacht.

Die Körperkritik, die Frauen entgegen gebracht wird, erstreckt sich demnach vom Scheitel bis zur Sohle.

Vielgehört, vielgesehen

Die schriftlichen Kommentare, die auf der Illustration abgebildet sind, spiegeln herablassende Wortspenden aus den sozialen Medien und dem echten Leben wieder. Das zeigen mitunter auch die Reaktionen auf die Zeichnung im Internet. Auf Twitter, wo das Bild von der Künstlerin geteilt und bisher an die 1.500 Mal gelikt wurde, erntete das Bild zahlreiche anerkennende Kommentare. "Frauen werden als politische Plakatwände benutzt, egal was sie tun", befindet ein User. "Wie wahr", schreibt eine Nutzerin kurz und knapp. Auch von zahlreichen Medien wurde das Bild bereits in die Berichterstattung aufgenommen. So berichtet die französische Huffington Post beispielsweise unter dem Titel "Diese Zeichnung fasst die Sinnlosigkeit der Polemik über den Burkini zusammen" darüber.

Beitrag zur Burkini-Debatte

Die Illustration trifft ins Herz der Debatte rund um das umstrittene Verbot von Burkinis an französischen Stränden. Mitte August hatten mehrere Stadtverwaltungen offiziell mitgeteilt, dass das Tragen der Ganzkörperbadeanzüge mit sofortiger Wirkung untersagt sei. Vor wenigen Tagen stellten Polizeibeamte in Nizza erstmals Strafzettel für das Tragen eines Burkinis aus, weil er nicht mit "guten Sitten und dem Säkularismus" in Einklang stehe. Es folgte ein gesellschaftlicher Aufschrei sowie Proteste in Frankreich, London und Berlin. Am 26. August wurde das Verbot schließlich vom Obersten Verwaltungsgericht in Frankreich gekippt.

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