Wärmende Eiseskälte

Szenenfoto aus "Das Kind der Seehundfrau" von makemake produktionen & Dschungel Wien & Wien Modern
"Das Kind der Seehundfrau" - ein Inuit-Märchen als - vielleicht ein bisschen zu - wunderbares Stück Theater mit moderner Musik

Pfeifen des Windes, ja Sturmes, gemischt mit Gesängen von Seehunden, vielleicht auch Knirschen des Eises - mit recht ungewöhnlichen Tönen aus bekannten Instrumenten wie Bratsche (einer Verwandten der Geige), Klarinette und einer riesigen Flöte zaubern Jelena Popržan, Mona Matbou Riahi und Maja Osojnik sowie Anna Clare Hauf mit ihrer Stimme die Stimmung im ewigen Eis auf die Bühne des Dschungel Wien. Ein spiegelnder Tanzboden und Eiskästen als Boote, Behausung, Eisschollen ergänzen die Landschaft, in der die Geschichte „Das Kind der Seehundfrau“ wunderbar – angesichts zweier eisiger Momente in der Geschichte - ein bisschen zu durchgängig schön gespielt, musiziert und erzählt wird.

Die Story...

... geht auf ein altes Märchen der Inuit zurück. Robben sonnen sich alle paar Wochen, ziehen dabei ihre Felle aus und werden zu wunderschönen Frauen. Ein einsamer Fischer fladdert eines Tages so einer Robbe, als sie Frau ist, das Fell. Sie verspricht ihm, ihn zu heiraten, er müsse ihr aber nach sieben Jahren das Fell zurückgeben. Sie bekommen ein Kind, Sohn Oruk. Doch nach den sieben Jahren bricht der Mann sein Versprechen, lässt das Fell im Versteck und die Frau leiden. Oruk findet das Fell, gibt es der Mutter, die lädt den Sohn nun zum gemeinsamen Tauchen im Meer ein. Wo er's nicht ewig aushält, an Land zurückkehrt. „Papa, Mama ist ein Seehund!“ mit einem lapidaren „ja“ antwortet der Vater und erzählt nun dem Sohn die Geschichte. Worauf der ob der Lebenslüge mit der er bisher aufwachsen musste, abhaut.

Berührend

Sowohl die Einsamkeit als auch die plötzlich ausbrechende Liebe bereichert durch das Kind, das zu einer Reihe verspielter Szenen verleitet, in der Sängerin Anna Clare Hauf und die Darsteller_innen Michèle Rohrbach und Simon Dietersdorfer auch ständig ihre Rollen wechseln, kommen sowohl durch Schauspiel als auch Musik und Gesang sehr gefühlvoll und berührend zum Ausdruck. Was stark schmerzt ist das leichte hinweg spielen über die beiden urgemeinen, mag sein durch die Einsamkeit im ewigen Eis verständlichen aber nichts desto trotz argen Aktionen des Mannes.
Er stiehlt der Seehundfrau ihr Fell. Sie findet ihn nur hässlich, aber gar nicht gemein. Und in null komma nix verliebt sie sich Hals über Kopf in ihn. Mag sein, dass sie in der Situation keine andere Wahl hat und sich wie Geiseln im Fall einer Entführung in ihr Schicksal ergeben und damit abfinden muss. Aber die volle Hingabe?
Und als er sein Versprechen nicht einhält, da verliert sie zwar Haare, wird schwach und schwächer, leidet still dahin.
In diesen beiden Szenen wäre zu wünschen, dass Spiel, Musik und Gesang nicht wunderbar bleiben, sondern eher regelrecht Schmerz verursachen würden!
Auch der Abgang von Ourk nachdem er die Lüge serviert bekommt, wäre härter wünschenswert.

Das Kind der Seehundfrau
makemake produktionen & DSCHUNGEL WIEN & WIEN MODERN
Uraufführung mit neuer Musik von Jesse Broekman
Österreichische Erstaufführung des Stückes von Sophie Kassies
Übersetzung: Eva Maria Pieper
(Aufführungsrechte: Theaterstückverlag, Korn-Wimmer, München
Regie: Sara Ostertag
Musikerinnen: Jelena Popržan (Bratsche), Maja Osojnik (Flöte), Mona Matbou Riahi (Klarinette)
Sängerin: Anna Clare Hauf
Darsteller_innen: Michèle Rohrbach, Simon Dietersdorfer
Choreographie: Katrin Blantar
Ausstattung: Nanna Neudeck, Christian Schlechter, Birgit Kellner
Lichtdesign: Severin Mahrer (DSCHUNGEL WIEN)
Kostümwerkstatt: Jennifer Podehl
Dramaturgie, Musikvermittlung: Maria Tunner
Produktion: Julia Wiggers
Regieassistenz: Viktoria Waldhäusl

Bis 4. November
Dschungel Wien, MuseumsQuartier
Telefon: (01)522-07-20-20

www.dschungelwien.at

Einige der Kinder der vierten Klasse der Volksschule Kritzendorf (NÖ) schilderten dem Online-Kinder-KURIER nach der Premiere ihre Eindrücke. Sie hatten zuvor als Hausübung, wie sie erzählen, die Geschichte gelesen. Und praktisch allen gefiel die Aufführung – den meisten sowohl das Schauspiel als auch die Musik.
Caroline: Es hat mir sehr gut gefallen, ein bisschen verwirrend fand ich, dass sie so oft die Rollen getauscht haben. (Bei Vater, Mutter, Kind wechseln einander die beiden Darsteller_innen und die Sängerin immer wieder ab.)
Isra: Am besten hat mir der Robbentanz am Anfang gefallen, weniger toll fand ich die Szene wo der Mann die Frau angeschrien hat.
Sibel: Ich fand fast alles schön, am meisten auch den Robbentanz. Irgendwie verwirrend war das schon, dass sie da immer wieder die Rollen getauscht haben.
Joelle: Es war schon toll, total lustig, aber auch ein bisschen traurig.
Marina: Mir hat das Stück sehr gut gefallen, am allerbesten aber der Tanz der Seehunde am Anfang.
Hier stimmen die zuvor zu Wort gekommenen auch nochmals ein und meinen, dass ihnen dieser Tanz so gut gefallen hat, „weil die sich wirklich so bewegt haben wie Robben“. Außerdem geben sie noch preis, dass sie fast alle selber auch Instrumente spielen oder gespielt haben – von Blockflöte über Geige bis zu Trommel und Gitarre. Aber fast allen fehlt die Zeit, ihre Instrumente weiter zu spielen.
Nach dieser Interviewrunde strömen alle Kids für ein Klassenfoto zusammen und bevor alle wieder in der Theatersaal verschwinden, um eine Abenteuernacht zu erleben, geben ein paar noch Statements ab.
Stefan: Mir hat Oruk, das Kind am besten in dem Stück gefallen.
Ahmet: Ich fand es besonders schön, dass alle so schön geredet und nicht die ganze zeit geschrien haben.
Johanna: Generell hat's mir schon gut gefallen, nur irgendwie finde ich das Singen so ähnlich wie bei einer Oper nicht so schön, das ist nicht mein Musikstil.
Kathi: Gefallen hat es mir schon, aber nicht so gut fand ich, dass sie ständig die Rollen gewechselt haben.
Wenzel: Genau das fand ich cool, dieser Rollentausch ist so richtig kreativ.
Katharina: Das Stück hat mir gut gefallen, aber eine Sache gab's, die hat mich verwirrt – als am Schluss die eine ganz schlammig auf dem Boden lag.

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