Mitreißender, multimedialer #werther

Mitreißender, multimedialer #werther
Humorvolle, konzentrierte mit neuen Medien arbeitende Version von Goethes "Werther".

Update 3. März 2017, 14.45 Uhr: Neue Termine - in Salzburg

Durch ein gemütliches Beisl in der Wiener Schönbrunner Straße nahe der U-Bahn-Station Meidlinger Hauptstraße geht’s hinein in einen kleinen „Geheimtipp“, einen kleinen aber feinen Theaterraum. Die Couch, die dem Lokal den Namen gibt, steht im Beisl vorne. In der Theaterbox Sessel, die dank ihres roten Stoffüberzugs was Edles ausstrahlen. Die Bühne dafür praktisch komplett schwarz – gestrichen bzw. Vorhänge. Ein weißer Sessel über dessen Lehne ein Sakko hängt. Allerdings dominiert im linken Bühnendrittel ein sehr großer hochformatig aufgestellter Monitor. Der wird in dieser vielleicht spannendsten Version von Goethes Briefroman-Klassiker „Die Leiden des jungen Werther“ noch eine recht zentrale Rolle spielen.

Brief ist out, WhatsApp & Co in

Mitreißender, multimedialer #werther
Klar, wer schreibt heute noch Briefe. Auch eMails sind nicht gerade DIE Kommunikationsform Jugendlicher. Und bewusst nicht nur, aber spezielle für ein junges Publikum haben Regisseurin Helena Scheuba und (fast) Solo-Darsteller Josef Ellers #werther konzipiert. Facebook, WhatsApp, Instagram, gepostete Fotos und Statusmeldungen auf dem großen Monitor sind aber nicht nur nette Alibi-Geschichten zur Anbiederung an jugendliches Publikum. Sie sind hier zentraler, wichtiger Bestandteil, die vertrackte Liebesgeschichte voranzutreiben, zu erzählen. Und sorgen „nebenbei“, aber voll beabsichtigt – nicht zuletzt immer wieder bei den Fotos im Stil dieser Social Media – für humorvolle Momente in der Tragödie. Die hier auch eine vielleicht seltenere Interpretation naheliegt.

Egomane

Mitreißender, multimedialer #werther
Durch die Konzentration fast ausschließlich auf Wer Ther – wie er im übrigens realen Facebook-Profil („Überlebenskünstler bei der School of Life) heißt, stellt sich die Frage, geht’s ihm überhaupt um Lotte Char (so der Facebook-Account der Goetheschen Charlotte), oder nicht in Wirklichkeit nur um ihn. „Ich will DIE aber haben!!!“, vielleicht nur, weil sie mit Al Bert verlobt ist?! „Wie ich mich selbst anbete... Du bist mein!“ (O-Töne Goethe).

Soft-Start

„Ziemlich genau ein Jahr ist es her, dass wir die Idee gehabt haben“, so Regisseurin und Schauspieler im Gespräch mit dem (Kinder-)KURIER. „Wir wollten gerade Jugendliche ansprechen und die Medien verwenden, die sie selber nutzen“, so die 25 und der 28-Jährige. Deswegen legten sie auch echte Profile an, überlegten, welche Fotos passen würden, um diese zu schießen und wirklich hochzuladen. „Vieles davon haben wir auch schon vorher gepostet“ - was für Nicht-Eingeweihte erst noch verwirrend war, aber so subtil schon Neugierde weckte und später als Werbung fürs Stück verwendet wurde. Gearbeitet wird fast ausschließlich mit Originaltexten aus Goethes Werk, großteils auf der Bühne gespielt, manchmal als Nachricht geschrieben, die am Monitor auftaucht, bei längeren Passagen sozusagen als Audiobotschaft, die in Text umgewandelt wird. Wobei – zu vermuten und auch zugegeben – die Nachrichten nicht wirklich vom Handy auf der Bühne aus gepostet werden. Sie wurden sozusagen schon vor „aufgezeichnet“ und über die App Streamflow zusammen gebaut und werden von der Regie-Assistentin im richtigen Moment auf dem Monitor eingespielt.

Zeitlos

Mitreißender, multimedialer #werther
Der Einsatz der neuen Medien ist aber nicht „nur“ ein hier genial eingesetztes Stilmittel, er vermittelt, dass der rund 250 Jahre alte Text – trotz seiner manchmal gewöhnungsbedürftigen Sprache – einfach wie große Literatur zumeist mehr oder minder zeitlose Themen verhandelt.

Ein wunderbarer, kurzweiliger, von vielen Lachern durchsetzter Abend klassischer Literatur ins Hier und jetzt übertragen!

#werther
Regie: Helena Scheuba
Darsteller: Josef Ellers, Helena Scheuba, Raphaela Böck (im Video)

Wann und wo?
1
4. März 2017, 10 und 20 Uhr
15. März 2017, 10 Uhr

Kleines Theater Salzburg
5020, Schallmosser Hauptstraße. 50
Karten und Infos unter (0662) 87 21 54 und
www.kleinestheater.at

Zu einem Trailer

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