Alternativen: Ja, bitte!

Alternativen: Ja, bitte!
Was könnte man anstelle des Zivildienstes oder des Wehrdienstes anbieten? Jugendliche haben sich im Rahmen der Diskussionsveranstaltung „auf.ZEIT“ darüber Gedanken gemacht, was sie gern im Jahr nach ihrem Bildungsabschluss erleben würden. Ihre bisherigen persönlichen Erfahrungen im Bereich des freiwilligen Engagements spielten dabei eine große Rolle. Von Elisabeth Postl

Konkretes statt Altbekanntes: Während die tagespolitische Diskussion um die nahende Wehrpflicht-Volksbefragung schon mehr auf die Nerven geht als relevante Hard Facts zu bieten, trafen sich am Sonntag und Montag in Wien Jugendliche, um im Rahmen der Veranstaltung „auf.ZEIT“ ihre konkreten Wünsche an das „Jahr nach dem Bildungsabschluss“ zu präsentieren. Eingeladen wurden sie dazu von der überparteilichen Organisation „JUMP – Jugend Umwelt Plattform“.

Alternativen: Ja, bitte!
Was alle jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer verbindet: ehrenamtliches Engagement. Ob bei den Pfadfindern, bei der Freiwilligen Feuerwehr, in EU-Projekten oder bei der Jugend-Umwelt-Plattform selbst, die Diskutantinnen und Diskutanten konnten auf vielfältige Erfahrungen verweisen.

So wie Julia Baschinger und Roland Schimpf: Die beiden Freunde haben sich während ihrer gemeinsamen Arbeit im Lehrgang „Bottom Up – Berufsorientierung und Umweltprojektmanagement“ kennengelernt. Julia hat überdies nach ihrer Matura ein Freiwilliges Ökologisches Jahr beim Klimabündnis Österreich absolviert. Auch heute sind die zwei aktive Mitarbeiter bei Umweltschutzplattformen. All das machen sie freiwillig. Bei „auf.ZEIT“ präsentierten sie ihre Wunsch-Alternative für die Zukunft des Jahres nach der abgeschlossenen Ausbildung.

Mit keinem der aktuellen "Konzepte" zufrieden

„Wir sind mit keinem der Konzepte, sei es dem aktuellen oder dem beworbenen, zufrieden. Wir verstehen es nicht, dass man Leute zu einem Dienst zwingt – noch dazu zu einem Dienst an der Waffe“, erklärt Julia. Sie und Roland wünschen sich einen Ausbau des derzeitigen Systems des Freiwilligen Sozialen Jahres: Sie wollen verstärkt Ausbildung während des Freiwilligendienstes. „Kommunikationstraining, Persönlichkeitsbildung, Berufsorientierung und eine zusätzliche fachliche Ausbildung wären ideal“, finden sie. (Mehr dazu im Interview.)

Bestätigt werden ihre Forderungen von vielen, die bereits ähnliche Karrieren im Freiwilligenbereich hingelegt haben. Claudia Kinzl, Organisatorin beim Freiwilligen Umweltjahr, ergänzt: „Das wichtigste Thema ist: Wohin geht es mit meinem Leben? Wir merken das immer bei unseren teilnehmenden Freiwilligen. Das Jahr nach der abgeschlossenen Ausbildung ist vor allem ein Berufsorientierungsjahr und es soll auch als solches genutzt werden.“

Zur Homepage übers freiwillige Umweltschutzjahr

Alternativen: Ja, bitte!
Julia absolvierte ein Freiwilliges Ökologisches Jahr beim Klimabündnis Österreich, macht zurzeit eine Management-Ausbildung und engagiert sich ehrenamtlich bei verschiedenen Umwelt-Projekten. Roland begann seine freiwillige Arbeit bei "JUMP" und studiert heute auf der Universität für Bodenkultur.

Julia, wie kommt man auf die Idee, ein Jahr freiwillig zu arbeiten?
Julia: Für mich war es nach der Matura ganz wichtig, eine Zeit mal auf eigenen Beinen zu stehen. So, dass ich mir mein Leben wirklich selber finanzieren kann und selbstständig bin. Außerdem wollte ich das alles weg von daheim machen, hier in Wien, nicht in Linz. Das heißt auch, dass ich in diesem Jahr kein Geld von meinen Eltern bekommen habe. Ich habe ihnen das bewusst gesagt: Steckt mir ja nichts zu!

Bist du über die Runden gekommen? Bei einem Freiwilligen Jahr bekommt man ja nur ein Taschengeld (rund 220 Euro pro Monat im freiwilligen sozialen Jahr – www.fsj.at).
Julia: Es hat gut funktioniert, obwohl ich die Zusatzleistungen wie die Familienbeihilfe noch nicht bekommen habe, die gibt es erst seit Juli 2011 für Leute, die ein Freiwilliges Soziales Jahr oder ein Freiwilliges Ökologisches Jahr machen.
Roland: Ich wollte an und für sich auch ein Freiwilliges Ökologisches Jahr machen. Als bei mir die Zeit dafür gewesen wäre, wusste ich aber noch nichts davon. Die Informationen dazu waren ziemlich schlecht. Also habe ich direkt mit meinem Studium begonnen - und dann den Umweltprojektmanagement-Lehrgang von "JUMP" nebenher gemacht, wo ich auch Julia kennen gelernt habe. Heute heißt der "Bottom Up - Berufsorientierung und Umweltprojektmanagement".

Klingt beides nicht ganz einfach. Ist es schwierig, sich in Österreich freiwillig zu engagieren?
Julia: Wenn man ein bisschen in den Bereich der Freiwilligenarbeit hineinschnuppert, werden dir oft nur Steine in den Weg gelegt. Ohne Unterstützung der Organisation, für die du arbeitest, könntest du ein Jahr Freiwilligenarbeit gar nicht packen. Wenn du etwas ändern oder dich engagieren möchtest, dann fehlt da einfach jede Unterstützung, gerade für Jugendliche.

Habt ihr euch deshalb ein eigenes Konzept für das Jahr, in dem man sonst Zivil- oder Wehrdienst leistet, überlegt?
Roland: Es war mehr ein Grundbedürfnis.
Julia: Roland und ich diskutieren über vieles. Als dann die Wehrpflichdebatte wieder angefangen hat, haben wir uns nur an den Kopf gegriffen. Das sind zwei "Konzepte", die in Wirklichkeit keine Konzepte sind. Warum macht man das so kompliziert? Warum schafft man nicht den ganzen Dienst an der Waffe ab und richtet ein gescheites Freiwilligensystem für soziales, ökologisches, kulturelles, gesellschaftliches Engagement ein?
Roland: Wir haben daher auf Basis des aktuellen Freiwilligen Sozialen Jahres einen Plan für einen erweiterten Freiwilligendienst erstellt.

Wie sieht euer optimiertes freiwilliges Jahr aus?
Julia:
Das ganze Freiwillige Soziale Jahr ist auch jetzt schon mit Ausbildung verbunden. Wir würden das vertiefen, und die fachliche Grundausbildung um Ausbildungsblöcke wie Kommunikationstraining, Persönlichkeitsbildung und Berufsorientierung erweitern.
Roland: Wir hatten das beim "Bottom Up"-Lehrgang.

Was bemängelt ihr am Zivildienst?
Julia: Wenn du den Zivildienst machst oder beim Bundesheer bist, musst du Befehlen folgen, Sachen machen, die dir andere anschaffen. Das Großartige beim Freiwilligendienst, so wie wir ihn erlebt haben, ist einfach die Eigenverantwortung, das "Hey, ich kann mich selbst verwirklichen". Es geht darum, dass du dich innerhalb der Gesellschaft selbst findest - deinen Platz in der Gesellschaft findest.
Roland: Es ist wie eine zweite Ausbildung nach der Schule - nur im Bereich der Persönlichkeitsbildung. Dadurch habe ich danach ein Bild davon, wo ich in der Gesellschaft stehe und wie ich in meinen späteren Beruf einsteigen kann.

Das Interview führte Elisabeth Postl

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