Cristiano Ronaldo: Der Parade-Spornosexuelle

Ein Mann wie ein Selfie.

Cristiano Ronaldo polarisiert - nicht nur im Sport. Auch bei den Frauen gibt es klare Fronten: für den Schönling, gegen den Angeber. Irgendwas dazwischen scheint es nicht zu geben. Dabei werden viele Medien gerade nicht müde, den Kicker als Menschen jenseits von Allüren und narzisstischem Getue darzustellen. Er engagiert sich und er sei ja ansonsten „eh total nett“. Mag schon sein. Und dennoch hat Ronaldo das gewisse Etwas, das nicht jeder goutiert oder eben andere besonders anzieht. Fix ist: Er gilt als spornosexuell.

Sporno – was?

Cristiano Ronaldo: Der Parade-Spornosexuelle
Von Anfang an: Es war im Jahr 1994, als der Journalist Mark Simpson im britischenIndependent die Ära des Metrosexuellen ausrief. Eine Hommage auf den Single mit hohem Einkommen, modisch und vor allem eitel. Der Metrosexuelle mochte Maniküre und Beauty-Treatments. So einer wie David Beckham, halt. Oder Schnuckis wie Justin Timberlake und Brad Pitt. Dann ging’s los: Die Beauty-Docs erfreuten sich eines regen männlichen Zulaufs, auch Männer begannen, sich zu pimpen. Der Mann emanzipierte sich von den Attributen des Mann-Seins und tat, was ihm zustand: Er pflegte sich, cremte sich, zupfte sich, rasierte sich, kleidete sich ein. Einen Hauch mehr als sonst üblich, aber am Ende: eh fein. Für Frauen hatte das sicher wenig Nachteile. Doch dann passierte es: Evolution fand statt. Die Dinge, sprich die Metrosexuellen, entwickelten sich weiter und verstiegen sich in ihrer liebevollen Ego- und Körperzuwendung. Und wieder war es Mark Simpson, der sich zu dem neuen Manns-Bild äußerte, diesmal im Telegraph: „Der Metrosexuelle ist tot. Lang lebe der Spornosexuelle“.
Cristiano Ronaldo: Der Parade-Spornosexuelle
Cristiano Ronaldo, Vogue, Cover
Was ihn vom Vorgänger-Typus unterscheidet? Viel, sehr viel – im wahrsten Sinne des Wortes. Der Sporno betreibt Selbst-Liebe bis zum Exzess. Er braucht keine Accessoires, er ist sich selbst Accessoire. Im Zentrum der Ego-Begierden steht vor allem der eigene Körper – von daher kommt auch die Wortschöpfung: Sporno ist die Synthese aus Porno und Sport und drückt auf simple Weise aus, wie geil die Typen auf sich selbst sind. Im Soziologen-Sprech geht es um pornografische Ästhetik und Hypersexualisierung des Körpers. Alles glatt, alles definiert, perfekt, maskulin, beinahe künstlich. Als wäre Ken (Barbies Pendant) auferstanden, in der einen Hand eine Hantel, in der anderen den Ganzkörper-Trimmer. Christiano Ronaldo passt da perfekt ins Bild. Ein Mann, wie eine römische Statue. Auf das Heute umgelegt: Ein Mann wie ein Selfie. Denn das Blöde daran: Es ist Zuviel des Guten. Spornos werden als selbstverliebt, narzisstisch beschrieben, sie firmieren unter dem hübschen Slogan „Deeply impressed from themselves“. Das macht’s für Frauen nicht einfach – aber, zum Trost: Auch das wird vergehen.

Bleibt nur die Frage, was nachkommt. Oder schon da ist: Der "Lumbersexual" ist der klare Gegenentwurf zu Statuetten wie Ronaldo: bärtig, holzfällerisch, grummelig. Und vielleicht hat er nicht nur im Gesicht einen Bart. Nur so: Irgendwas dazwischen wäre wieder mal so richtig fein. Einer, der trimmt, aber dabei nicht völlig an sich selbst vertrottelt. Einer, der sich mag - aber auch andere. Und nicht auszuckt, wenn seiner Partnerin mal ein kleines Härchen aus der Nase ragt.

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