Die Geheimnisse einer langen Beziehung

Liebe ist, ...
Glückliche Paare haben Vertrauen zueinander, sie unterstützen Träume und Hoffnungen des jeweils anderen. Sie kennen die Gefühle und Wünsche des Partners – und nehmen Fehler mit Humor.

Der Ehe- und Familienpsychologe John Gottman erforschte mehr als vier Jahrzehnte lang, warum Ehen scheitern oder nicht. In seinen Büchern ("Die Vermessung der Liebe") verrät der 72-jährige Professor die Geheimnisse einer glücklichen Beziehung. Gottman beobachtet in seinem "Ehe-Labor" Paare, wie sie miteinander kommunizieren, wie sie Konflikte lösen, er misst ihren Puls und beobachtet ihre Reaktionen.

Seine Schlussfolgerung: Die Basis jedes Beziehungsglücks ist Vertrauen. Und einer der Hauptgründe, der die Leidenschaft, die Magie füreinander zerstört, sei Untreue. Dabei meint der Psychologe nicht bloß den Betrug, das Fremdgehen. Viel zerstörerischer als ein Seitensprung seien Egoismus, Kälte, Ungerechtigkeit, Lüge, sexuelle Unlust und Respektlosigkeit.

Glücksformel

Ob wir in einer Partnerschaft glücklich sind, hängt von unserer Beziehungspersönlichkeit ab, sagen die deutschen Psychologinnen Julia Peirano und Sandra Konrad. Mit der Alltagspersönlichkeit, also der Art und Weise, wie wir uns Freunden oder Kollegen gegenüber verhalten, hat die Beziehungspersönlichkeit allerdings nur wenig zu tun. Denn der Partner erlebt uns viel intimer als jeder andere. Wer unter Kollegen als rücksichtslos und aufbrausend bekannt ist, kann in seiner Beziehung anhänglich und schutzbedürftig sein – und umgekehrt.

Mit einem Fragebogen haben die Psychologinnen bei knapp 300 Paaren versucht, das persönliche Glück zu erfassen. Sechs Faktoren bildeten die Grundlage: die subjektive Einschätzung des Glücks; die Probleme, die ein Paar hat; die Frage, wie häufig beide an eine Trennung denken; ein Index, der sich aus Offenheit, Zusammenhalt und Konfliktneigung zusammensetzt.

Das Ergebnis: Für das Glück in einer Beziehung spielen drei Eigenschaften eine herausragende Rolle, die insgesamt etwa 40 Prozent des Liebesglücks ausmachen. Am wichtigsten ist die Fähigkeit, Vertrauen zu fassen. "Die Frage ist, ob jemand Urvertrauen in seinen Partner hat, intime Dinge von sich preisgeben und sich dem anderen gegenüber öffnen kann", sagt Julia Peirano.

Nächster Punkt ist das Konfliktverhalten. Glückliche Paare sind selten aggressiv, lassen ihre schlechte Laune nicht am anderen aus und haben ein gutes Gespür dafür, Probleme in günstigen Situationen anzusprechen. Dazu kommt als dritte Komponente der Glücksformel eine gewisse psychische Robustheit und die Fähigkeit, sich von Kritik des Partners nicht gleich aus der Bahn werfen zu lassen.

"Die anderen 60 Prozent unseres Glücks", so Pereino, "hängen von allen möglichen Faktoren ab, lassen sich aber nicht verallgemeinern. Es kommt beispielsweise auf die Wohnsituation an, auf unseren Stress im Job oder die Frage, ob wir mit nervigen Verwandten klarkommen müssen".

Gefühle

Die antreibende Kraft einer Beziehung sind die Gefühle füreinander, ist der US-Psychologe Gottman überzeugt. Sie bilden den Kitt, der alles zusammenhält. Diese Gefühle müssen gepflegt werden. Sein Tipp: "Erinnern Sie sich gemeinsam an Ihre wunderbarsten gemeinsamen Momente. Lassen Sie die menschliche Schönheit des anderen immer wieder aufleben. Sehen Sie sich alte Fotoalben an und schwelgen Sie in Erinnerungen. Denken Sie ans Kennenlernen, an den ersten Kuss."

Wenn es ob der unterschiedlichen Werte, Einstellungen und Träume manchmal zu Differenzen kommt, sollten Partner den Unterschied zwischen sich respektieren. "Entwerfen Sie Strategien, um damit umzugehen – vor allem mit Humor. Sehen Sie der Realität ins Auge: Sie hätten auch mit einem anderen Partner grundlegende Differenzen", ist Gottman pragmatisch.

Zu einer guten Ehe gehört Beziehungspflege. "Manche Paare zeigen spontan ein Lächeln oder einen aufmunternden Blick. Hier gibt es eine zarte Berührung beim Vorbeigehen, dort ein emotionales Wohlwollen in verbaler Form." So erklärt die Grazer Psychologin Luise Hollerer, wie Liebe durch Wertschätzung und Respekt gepflegt wird.

Die Geheimnisse einer langen Beziehung
Luise Hollerer, Psychologin, honorarfrei
Manchmal werde der Alltag mit Beruf und Kindern so intensiv, dass die Liebesbeziehung darunter leide. "Dann besteht die Gefahr eines Liebes-Burn-outs." Die Symptome: Die Beziehung wird liebloser, die Körperkontakte werden weniger und man beginnt, einander verbal zu verletzen. "In diesem Fall muss man bewusst gegensteuern, eine andere Gangart, eine andere Sprache wählen." Ein Ansatz wäre zum Beispiel, sich fixe Zeiten, die man mit dem Partner verbringt, in den Terminkalender einzutragen.

Verständnis

Gute Ehen erkennt die Psychologin an mehreren Faktoren.

– Wer Interesse für die Entwicklung des Partners zeigt, sie ihm zugesteht und sich vielleicht auch dabei mitnehmen lässt, hat schon gewonnen. Hollerer: "Eine der größten Illusionen ist, dass man bei einer Person den Totalanspruch hat, dass sie immer so bleibt, wie man sie am Anfang des Zaubers der Verliebtheit wahrgenommen hat." Die Verliebtheit sei die Geburt der Liebe, dann müsse die Liebe wachsen und sich entwickeln können.

– Wer immer wieder wohlwollend an den Anfangspunkt der Liebe zurück denkt und wer sich bewusst macht, welche Entwicklung seither stattgefunden hat, wird gemeinsam alt werden können. "Auch so manche Schrulligkeit des anderen, die sich erst später entwickelte, humorvoll hinzunehmen, ist wichtig", so Hollerer.

Treue und Vertrauen sind absolut essenziell für eine Beziehung. "Das heißt, man soll wissen, wohin sich der andere begibt. Wenn vereinbart ist, dass beide andere Erkundungen machen dürfen, ist es etwas anderes, als wenn man den anderen im Unklaren lässt oder belügt."

Kommunikation und Konfliktbereitschaft sind auch sehr wichtig für eine gut gehende Beziehung. Das heißt, alles offen auszusprechen, zu versuchen, den Standpunkt des anderen zu erfassen und in einer wertschätzenden Kommunikation zu bleiben. Zuhören ist das Grundprinzip. Der berühmte Ton macht die Musik und damit eine harmonische Ehe.

Lösbare Probleme zu lösen und unlösbare Probleme leben, ist laut Hollerer ebenfalls Merkmal einer guten Beziehung. Wenn man keine verletzende Kritik übt, lässt sich eine gemeinsame Lösung finden. Für unlösbare Probleme, mit denen man lernen muss, zu leben, gibt die Psychologin folgende Beispiele: "Wenn ein Partner an Krebs erkrankt oder nach einem Unfall gelähmt ist, müssen beide lernen, damit zu leben." Bei der Bewältigung von Konflikten geht es nicht darum, den anderen zu ändern, sondern einen gemeinsamen Weg fürs Miteinander zu finden.

Liebe heißt, einander Freiraum zu geben. "Bauen Sie Ihr gemeinsames Lebenshaus", sagt Hollerer. In Teamarbeit werden die Grundlagen, die beide Herzen berühren, erforscht. Darauf wird das Haus gebaut. Da gibt es gemeinsame Räume, in denen Visionen und Ziele der Partner Platz haben. Dann gibt es für jeden eigene Zimmer. "Diese Freiräume soll man einander geben, zeitlich und örtlich. Wichtig ist, dass man sich von den Erfahrungen, die jeder in seinem Freiraum macht, berichten lässt." Ein Beispiel: Sie erzählt von der Ausstellung, bei der sie war, er von seinem Fußballmatch.

Beobachten Sie manchmal auch Paare, bei denen Sie nach ein paar Gesten oder leise gezischten, verbalen Attacken wissen, dass diese Beziehung ein Ablaufdatum hat? Hier die absoluten No-Gos für eine gute Beziehung.

Abwertung Respektlosigkeit und vor allem Verbalattacken führen zur emotionalen Überflutung eines Partners. Wenn Gespräche mit Kritik, Sarkasmus oder Verachtung beginnen, ist diese Beziehung zum Scheitern verurteilt.

Machtdemonstration Wenn das Machtgefüge nicht ausgewogen ist, noch dazu physische Gewalt dazukommt, funktioniert die Beziehung nicht.

Aufwärmen alter Fehler Längst vergangene Fehler vorzuwerfen vergiftet eine Beziehung. Kommen noch ein paar negative Bemerkungen über den Charakter oder die Persönlichkeit des Partners hinzu, eskaliert die Situation.

Ungeduld Lösungen sollten von einem Partner nicht unmittelbar eingefordert werden. Manche Konfliktlösungen brauchen Zeit.

Justament-Standpunkte Wenn absolut keine Kompromissbereitschaft da ist, beide Partner stur ihre Meinungen vertreten, kann das Zusammenleben nicht funktionieren. Man muss Pattsituationen überwinden.

Totalanspruch Das "Ohne-dich-kann-ich-nicht-Leben" geht gar nicht. Wenn einer der Partner meint, dass der andere absolut verantwortlich ist, dass es einem gut geht, hat die Beziehung keine Luft. Wer klammert, gewährt dem Partner keine Freiräume. Man muss allein im Leben stehen können, damit man in die Paarschaft hineingehen kann.

Schweigen Wenn ein Partner, meist ist es der Mann, sich aus der Auseinandersetzung ausklinkt, weil er unfähig ist, Kritik zu ertragen.

Eifersucht Wenn sie begründet ist, hat die Beziehung ohnehin ein Ablaufdatum. Ist die Eifersucht allerdings unbegründet und wird zur Obsession (man spioniert dem Partner trotzdem nach, misstraut ihm und provoziert Streitgespräche), dann geht die Partnerschaft in Brüche.

Egoismus Wer nicht bereit zu Kompromissen ist, sich ohne Rücksicht auf den anderen selbst verwirklicht, braucht auch keinen Partner.

Schlechte Erinnerungen In einer Ehe, in der die Vergangenheit nur noch negativ wahrgenommen wird, besteht eine große Trennungsgefahr. "Gesunde" Paare neigen dazu, das Negative zu vergessen.

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