Explosive Erfindung: Wie der Bikini zu seinem Namen kam

5. Juli 1946: Die Nackttänzerin Micheline Bernardini präsentiert in einem Pariser Schwimmbad den von Louis Réard kreierten Bikini
Heute vor siebzig Jahren wurde in Paris der erste Bikini vorgeführt – ein Skandal.

Wussten Sie, dass ausgerechnet ein Maschinenbauingenieur eines der beliebtesten Kleidungsstücke der Frau erfunden hat? 1940, kurz, nachdem er die Unterwäschefirma seiner Mutter übernommen hatte, machte der Franzose Louis Réard auf dem Strand von St. Tropez eine folgenschwere Beobachtung: Sonnenbadende Frauen rollten die Ränder ihrer Badeanzüge hoch, um eine bessere Bräune zu bekommen. Réard begriff. Sechs Jahre später präsentierte er in einem Pariser Schwimmbad den Bikini – ein Skandal im prüden Nachkriegseuropa.

Seiner Provokation war sich Réard durchaus bewusst. Als es darum ging, dem knappen Zweiteiler einen Namen zu verpassen, suchte er nach etwas "Provokantem und Explosivem", etwas, das zünden würde wie die nuklearen Waffen der Amerikaner. Weil diese im selben Sommer Atombombentests auf dem winzigen Bikini-Atoll im Pazifik durchführten, benannte er seine Erfindung nach der Inselgruppe.

Explosive Erfindung: Wie der Bikini zu seinem Namen kam

Sprücheklopfer

Was heute als Marketing-Harakiri bezeichnet werden würde, schlug damals ein wie eine Bombe. Buchstäblich. Denn die Entrüstung – ein Kleidungsstück, das den Nabel zeigt, mon dieu! – war so groß, dass kein Mannequin die mit Schnüren verbundenen, 200 cm² kleinen Stoffdreiecke präsentieren wollte. Am Ende war nur eine Nackttänzerin aus dem Pariser Casino mutig genug.

Réard, damals 49 Jahre, kokettierte mit seiner skandalösen Erfindung: "Der Bikini ist so klein, dass er alles über die Trägerin enthüllt bis auf den Geburtsnamen ihrer Mutter", sagte er. Auf einem Plakat wurde mit dem Spruch "Ein Bikini ist kein Bikini, wenn man ihn nicht durch einen Ehering ziehen kann" geworben. Das erste Modell (siehe Foto) war mit Zeitungsausschnitten bedruckt – Réard war sicher, dass er am kommenden Tag die Schlagzeilen dominieren würde.

Was er auch tat. Anfangs waren vor allem Männer vom "knappsten Badeanzug der Welt" (ein weiterer Werbespruch Réards) begeistert. 50.000 Dankesbriefe, großteils von männlichen Bewunderern, soll der technikaffine Modeschöpfer erhalten haben. Frauen trauten sich lange nicht, im XS-Teil baden zu gehen, in den USA und vielen europäischen Badeorten war er sogar verboten.

Explosive Erfindung: Wie der Bikini zu seinem Namen kam
This undated publicity photo provided by United Artists and Danjaq, LLC shows Ursula Andress in a scene from the James Bond 1962 film, "Dr. No." When Ursula Andress emerged from the sea, curves glistening, with a dagger strapped to her bikini in 1962's ìDr. No,î she made the Bond girl an instant icon. The film is included in the MGM and 20th Century Fox Home Entertainment Blu-Ray "Bond 50" anniversary set. (Foto:United Artists and Danjaq, LLC/AP/dapd)

Das Schönheitsideal der Fünfzigerjahre – runde Hüften, schmale Taille, großer Busen – passte eher zum figurformenden Badeanzug als zum wenig verhüllenden Bikini. Erst Anfang der Sechzigerjahre rückte der Zweiteiler wieder in den Fokus: Zum einen dank Brian Hylands Schlager "Itsy Bitsy Teenie Weenie Yellow Polka Dot Bikini", zum anderen dank Ursula Andress’ Auftritt als Bikini-tragendes Bondgirl.

Siebzig Jahre nach seiner Premiere ist der Bikini aus den Freibädern nicht mehr wegzudenken. Übrigens: Wer diesen Sommer en vogue sein will, trägt Neopren-Optik und Bandeau-Schnitt. Und zwar auch, wenn das Modell nicht durch den Ehering passt.

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